Kritik an Asylrechts-Vorstoß – Realitätsferner Populismus

Der Vorschlag des CDU-Politikers Thorsten Frei, das individuelle Asylrecht abzuschaffen, zieht weiter Kritik auf sich.
Kritik an Asylrechts-Vorstoß - Realitätsferner Populismus

Thorsten Frei (CDU) –Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde

Der Vorschlag des CDU-Politikers Thorsten Frei, das individuelle Asylrecht abzuschaffen, zieht weiter Kritik auf sich. Der Rat für Migration nannte den Vorstoß einen „Angriff auf den nationalen und internationalen Menschenrechtsschutz“. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst warf dem CDU-Politiker „billigen Populismus auf dem Rücken schutzbedürftiger Menschen“ vor.

Frei ignoriere mit seinem Vorschlag, statt eines individuellen Asylrechts jährlich ein festes Kontingent von Flüchtlingen aufzunehmen, die menschenrechtlichen Garantien, die deutsche und europäische Gerichte in den vergangenen 30 Jahren entwickelt hätten, heißt es in einer Erklärung des Rates für Migration. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verkenne zudem, dass das individuelle Asylrecht eine historische Konsequenz aus dem Scheitern von Kontingent-Lösungen sei.

Umsetzung wäre Bankrotterklärung der EU

Während des Zweiten Weltkrieges hätten viele europäische Staaten ihre Grenzen für Flüchtlinge geschlossen und höchstens kleinen Kontingenten die Einreise erlaubt, so der Zusammenschluss von 220 Migrationswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum. „Als Konsequenz dieser Mitschuld europäischer Staaten enthalten die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Grundrechtecharta, die Europäische Menschenrechtskonvention und auch das deutsche Grundgesetz einen individuellen Anspruch auf ein Verfahren, um zu garantieren, dass alle Personen, die Schutz benötigen, diesen auch erhalten können.“

Eine Umsetzung der Vorschläge von Frei würde die Abschaffung des Artikels 16 a des Grundgesetzes sowie den Austritt aller EU-Staaten aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfordern, so die Wissenschaftler. „Angesichts der Tatsache, dass über 90 Prozent der schutzberechtigten Personen außerhalb von Industrieländern Schutz finden, wäre dies auch eine Bankrotterklärung der EU“, heißt es.

Kontingentlösung ist realitätsfern

Ähnlich äußerte sich auch der Jesuiten-Flüchtlingsdienst. „Der individuelle Anspruch eines verfolgten Menschen auf Aufnahme und Schutz ist in zahlreichen internationalen Verträgen festgelegt und gilt auch für Europa“, erklärte die Organisation auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch. „Menschen können nicht wie Apfelsinenkisten einfach anhand von Quoten auf die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verteilt werden.“ Eine Kontingentlösung, wie Frei sie vorschlage, sei deswegen realitätsfern, so der Flüchtlingsdienst. „Der einzelne Mensch muss im Mittelpunkt stehen und nicht eine anonyme ‚Masse‘.“

Für den Schutz von Asylsuchenden regt die Hilfsorganisation des Jesuitenordens Alternativlösungen an. So könnten deutsche Botschaften in den entsprechenden Herkunftsländern humanitäre Visa erteilen. „Oder man macht es wie bei den Flüchtlingen aus der Ukraine und lässt bestimmte Gruppen ohne Visum einreisen.“

kna