„Das ist ja ’nur‘ ein Zimmermädchen, die steht jetzt im Status unter mir“ – solche Einstellungen lehnt die Tourismusforscherin Anke Winchenbach ab.
Berlin/London – „Das ist ja ’nur‘ ein Zimmermädchen, die steht jetzt im Status unter mir“ – solche Einstellungen lehnt die Tourismusforscherin Anke Winchenbach ab. „Der gemeinsame Nenner ist das Menschliche und der gegenseitige Respekt – ohne Reinigungspersonal gäbe es schlichtweg keinen guten Hotelservice“, sagte sie am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur in Berlin. Mitarbeitende der Hotel- und Gastronomiebranche verdienten mehr Wertschätzung. „Unabhängig von der Situation ist ein menschlicher Umgang erforderlich – den Mitmenschen auf Augenhöhe begegnen.“
Die Wissenschaftlerin, die an der Universität Surrey zum Thema Achtsamkeit in der Hotel- und Gastronomiebranche forscht, forderte grundsätzlich bessere Bedingungen im Gastgewerbe. Dazu gehöre auch, sich die Wichtigkeit der verschiedenen Berufe und Funktionen bewusst zu machen.
„Oft ist die Bezahlung unzureichend und unter dem Mindestlohn, die Arbeitszeiten sind unattraktiv, es gibt häufig keine klaren Verträge und keinen Urlaubsanspruch, und die Mitarbeitenden haben ein limitiertes Mitspracherecht“, kritisierte Winchenbach. „Hinzu kommt mangelnder Respekt von Gästen – und auch Vorgesetzten – bis hin zu verbalem, psychischem, körperlichem und auch sexuellem Missbrauch oder Mobbing.“
Dokumentiert werde das selten – „weil die Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz bangen oder die Erfahrung gemacht haben, dass sowieso nicht gehandelt wird“, so die Expertin weiter. Leider sei die Einstellung verbreitet: „Sexueller Übergriff und anzügliche Witze, das gehört einfach zum Job dazu, das darf man nicht an die große Glocke hängen. Das ist natürlich ein völlig falscher Ansatz.“ Besonders weibliches Servicepersonal werde mitunter „als Konsumgut, als Teil des Urlaubspakets gesehen“.
Leider sei der Satz „Der Gast ist König“ immer noch die international vorherrschende Arbeitsphilosophie. „Natürlich wollen wir, dass der Gast zufrieden ist – aber eben nicht um jeden Preis und schon gar nicht zu Lasten der Angestellten“, so Winchenbach.
Gute Alternativen seien Hotels, die sich ganz der Gemeinwohlökonomie verschrieben hätten. Das bedeute etwa, dass die Mitarbeiter am Gewinn beteiligt seien und bei Entscheidungen Mitspracherecht hätten. Winchenbach: „Hier merkt der Gast, dass etwas anders läuft. Hier kann er König sein – obwohl oder vielleicht gerade weil das Unternehmen von der extremen Bedienmentalität abgerückt ist.“