Die christlichen Kirchen in Deutschland müssen sich wegen des sich beschleunigenden Mitgliederschwundes auf erhebliche Einnahmeverluste einstellen.
Frankfurt – Die christlichen Kirchen in Deutschland müssen sich wegen des sich beschleunigenden Mitgliederschwundes auf erhebliche Einnahmeverluste einstellen. „Wir gehen davon aus, dass wir 2060 weniger als 50 Prozent unserer bisherigen finanziellen Mitteln zur freien Verfügung haben werden“, sagte Thomas Frings, Finanzdezernent beim Bistum Limburg, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag).
2019 hatte die sogenannte Freiburger Studie prognostiziert, dass bis 2060 sowohl die Mitgliederzahlen als auch das Kirchensteueraufkommen auf etwa die Hälfte sinken werden. Dies könnte sich nun sogar als zu optimistisch erweisen. Die Autoren gingen in ihren Berechnungen von einem Mitgliederrückgang von 1,1 Prozent je Jahr aus – 2022 verlor das Bistum Limburg jedoch rund 2,6 Prozent seiner Mitglieder, so Frings.
Landsberg: Staatliche Mittel können abfedern
Mit Rücklagen aus Überschussjahren decke das Bistum gegenwärtig sein operatives Defizit. Das sei aber nicht zukunftsfähig. Konkrete Sparmöglichkeiten sieht Frings im Verwaltungsbereich, auf den rund 16 Prozent des Kirchensteueraufkommens entfallen: Interne Prozesse könnten durchaus noch effizienter gestaltet werden. „Wenn dieses Potential ausgeschöpft ist, müssen wir aber über Leistungsbereiche wie Kita, Schulen, Caritas oder Zuschusszahlungen an die Kirchengemeinden reden.“
Bei den Kindertagesstätten kämen in der Regel rund 15 Prozent der Betriebsmittelzuschüssen aus der Bistumskasse, den Rest übernehmen die Gemeinden. „Ich habe große Fragezeichen, ob wir das langfristig aufrechterhalten können“, sagte Frings.
Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, fürchtet, dass durch gekürzte Kirchendienstleistungen auch Betreuungsangebote wegfallen würden, die von staatlicher Hand nicht ersetzt werden können: „Kirchen sind immer noch ein Klebemittel für den sozialen Zusammenhalt“, sagte er der Zeitung. So würden Pfarrstellen beispielsweise wertvolle Arbeit bei der Jugend- und Altersbetreuung leisten. Die rein finanziellen Auswirkungen des kirchlichen Mitgliederschwunds hält Landsberg allerdings für überschaubar: Staatliche Mittel könnten einen Ausgabenrückgang bei den Kirchen durchaus abfedern, um etwa den Betrieb einer Kindertagesstätte aufrechtzuhalten.
Bistümer kündigen Sparkurs an
2022 hatten die beiden Kirchen trotz sinkender Mitgliederzahlen neue Rekordwerte bei den Kirchensteuern verzeichnet. Bei der katholischen Kirche beliefen sich die Kirchensteuereinnahmen auf 6,848 Milliarden Euro. 2021 waren es 6,732 Milliarden. Das Kirchensteueraufkommen 2022 der evangelischen Kirchen lag bei 6,242 Milliarden Euro. 2021 waren es 5,995 Milliarden.
In den vergangenen Wochen hatten mehrere katholische Bistümer mit Blick auf künftig sinkende Einnahmen und steigende Kosten einen Sparkurs angekündigt. So erklärte der Generalvikar des Erzbistums München-Freising, Christoph Klingan, es gelte, Schwerpunkte zu setzen. So soll mit den Kirchengemeinden überlegt werden, welche Immobilien etwa anderweitig genutzt oder aufgegeben werden könnten. Auch viele andere der 27 katholischen Bistümer überlegen derzeit, welche Gebäude sie noch benötigen.