Minister Liminski: Kirche nur noch im Selbstrechtfertigungsmodus

Der Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), blickt besorgt auf die Entwicklung der Kirchen in Deutschland. Sie brächen als Vermittler von Werten und Stifter von Gemeinsinn weg.
Der Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), blickt besorgt auf die Entwicklung der Kirchen in Deutschland. Sie brächen als Vermittler von Werten und Stifter von Gemeinsinn weg.

Nathanael Liminski –Foto: Land NRW / Marcel Kusch

Der Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), blickt besorgt auf die Entwicklung der Kirchen in Deutschland. Sie brächen als Vermittler von Werten und Stifter von Gemeinsinn weg – das zeige insbesondere die Situation rund um das Erzbistum Köln, sagte er am Freitagabend im Bonn. „Kirche ist nur noch im Selbstrechtfertigungsmodus und nicht mehr im Sendungsmodus.“ Liminski äußerte sich beim Festakt zum 150-Jahr-Jubiläum der Alt-Katholiken in Deutschland.

Die Landesregierung messe den Kirchen auch deshalb große Bedeutung bei, weil Regierende nur vorletzte und keine letzten Antworten geben könnten, so der Minister. „Für das, was unsere Gesellschaft zusammenhält, können wir als Politik einen Beitrag leisten, aber ein mindestens ebenso wichtiger kommt von Religionsgemeinschaften und Kirchen.“ Liminski warnte zugleich davor, Kirche auf ihr soziales Engagement zu verkürzen.

Festakt zu 150 Jahre Alt-Katholiken in Deutschland

Im vergangenen Jahr hat die römisch-katholische Kirche in der Bundesrepublik rund 522.652 Mitglieder durch Kirchenaustritt verloren. Damit gehörten ihr Ende 2022 noch 20,9 Millionen Menschen an. NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) warnte davor, dass Menschen durch weniger Kirchenbindung Sozialraum und Heimat verlören. Ein großer Teil der Zivilgesellschaft breche damit weg. „Das kann uns nur Sorgen machen“, sagte er.

Die Alt-Katholiken in Deutschland haben am Freitagabend in Bonn den 150. Geburtstag ihrer Religionsgemeinschaft gefeiert. Die Kirche begehe ihren Geburtstag nicht mit einem rückwärtsgewandten Blick, sondern unter dem Motto „Zukunft von Glaube – Zukunft von Kirche“, sagte Bischof Matthias Ring beim Festakt. Die Rolle und Bedeutung von Glaube und Kirche verändere sich derzeit dramatisch. Die alt-katholische Kirche wolle sich mit diesen Herausforderungen befassen.

Theologin Knop würdig Alt-Katholiken als „cool und ernsthaft“ 

Als „cool und entspannt und ernsthaft katholisch“ hat die Theologin Julia Knop die alt-katholische Kirche gewürdigt. Sie zeige, dass zukunftsfähiger Katholizismus nicht von oben nach unten geschehe, sagte die römisch-katholische Professorin am Freitagabend in Bonn beim Festakt zum 150-Jahr-Jubiläum der Alt-Katholiken in Deutschland.

Die alt-katholischen Kirchen entstanden Ende des 19. Jahrhunderts durch Abspaltungen von der römisch-katholischen Kirche. Dies geschah aus Protest gegen wesentliche Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70). Dort wurde die päpstliche Unfehlbarkeit in Fragen von Glauben und Sitte verkündet und die oberste Leitungsgewalt des Papstes in der Kirche festgeschrieben.

„Es ist ein starkes Zeichen, dass Sie auf 150 Jahre Katholizismus zurückblicken können, der sich nicht in den eigenen Widersprüchen verhakt“, so Knop. Die Frage nach der Zukunft des Christlichen betreffe jedoch auch die Alt-Katholiken. Nur die wenigsten, die aus der römisch-katholischen Kirche austräten, suchten Zuflucht bei den Alt-Katholiken: „Es bleibt eine Kirchenflucht.“

Sie zweifele nicht daran, dass das Christentum Zukunft habe – allerdings erhielten kirchlich etablierte Formate immer weniger Zuspruch, sagte die Erfurter Professorin. Gerade junge Menschen überzeuge die Idee der Konfession nicht mehr. Sie solidarisierten sich stattdessen mit verdrängten und marginalisierten Formen des Christlichen. Künftig werde es elementar wichtig sein, Räume offenzuhalten, wo Menschen im Glauben wachsen könnten und konfessionelle Grenzen nicht wichtig seien.

Die Alt-Katholiken begingen ihren Geburtstag nicht mit einem rückwärtsgewandten Blick, sagte Bischof Matthias Ring. Sie wollten sich mit den Herausforderungen befassen, vor denen sie angesichts einer dramatischen Entwicklung von Glaube und Kirche stünden.

Bischof wird von einem Kirchenparlament gewählt

Seit Gründung des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland im Jahr 1873 ist Bonn Bischofssitz. In Deutschland gibt es rund 15.400 Alt-Katholiken, verteilt auf etwa 100 Gemeinden. Der Bischof wird von einem Kirchenparlament gewählt. Anders als in der römisch-katholischen Kirche dürfen alt-katholische Priester heiraten; zudem sind seit 1994 auch Frauen zum Priesteramt zugelassen. International zusammengeschlossen sind die Alt-Katholiken in der 1889 gegründeten Utrechter Union. Aktuell gehören diesem Bündnis Kirchen aus den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen mit insgesamt etwa 70.000 Mitgliedern an. Die erste Bischöfin der Utrechter Union, Maria Kubin, wurde in diesem Jahr in Wien geweiht.

Seit Gründung des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland im Jahr 1873 ist Bonn Bischofssitz. In Deutschland gibt es rund 15.400 Alt-Katholiken, verteilt auf etwa 100 Gemeinden. Der Bischof wird von einem Kirchenparlament gewählt. 2010 hat Matthias Ring das Amt übernommen. Anders als in der römisch-katholischen Kirche dürfen alt-katholische Priester heiraten; zudem sind seit 1994 auch Frauen zum Priesteramt zugelassen.

Die alt-katholischen Kirchen entstanden Ende des 19. Jahrhunderts durch Abspaltungen von der römisch-katholischen Kirche. Dies geschah aus Protest gegen wesentliche Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70). Dort wurde die päpstliche Unfehlbarkeit in Fragen von Glauben und Sitte verkündet und die oberste Leitungsgewalt des Papstes in der Kirche festgeschrieben.

kna