Der Finanzprozess um zwielichtige Geschäfte des Vatikans geht nach der Sommerpause am kommenden Mittwoch in die entscheidende Phase.
Vatikanstadt – Der Finanzprozess um zwielichtige Geschäfte des Vatikans geht in die entscheidende Phase. Nach einer Sommerpause nimmt das vatikanische Gericht am nächsten Mittwoch die Verhandlungen gegen Kardinal Angelo Becciu sowie weitere neun angeklagte Personen und vier Firmen wieder auf. Das teilte das vatikanische Presseamt am Donnerstag mit. Angesetzt sind 18 Termine bis zum 6. Dezember. Dann könnte das Urteil fallen.
Mit Becciu steht erstmals in der Kirchengeschichte ein Kardinal als Angeklagter vor einem vatikanischen Gericht. Dem 75-jährigen Sarden werden Veruntreuung und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi forderte vor der Sommerpause 7 Jahre und 3 Monate Haft für Becciu sowie eine Geldstrafe von 10.239 Euro.
In dem Prozess geht es vorwiegend um mutmaßliche Straftaten rund um die Finanzierung einer Londoner Geschäftsimmobilie. Die zentrale Kirchenleitungsbehörde – das vatikanische Staatssekretariat – hatte das Gebäude ab 2014 als Anlageobjekt für einen dreistelligen Millionenbetrag erworben. Später wurde die Immobilie unter hohen Verlusten wieder verkauft. Der Schaden für den Vatikan soll sich auf 139 bis 189 Millionen Euro belaufen.
Zum Zeitpunkt des Kaufs hatte Becciu als Substitut die zweithöchste Position im Staatssekretariat inne. Neben dem London-Geschäft werden ihm auch Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen in sein Heimatbistum auf Sardinien und an die dortige Caritas vorgeworfen. Zudem soll er eine Bekannte als vermeintliche geopolitische Expertin mit dem Vatikan in Kontakt gebracht haben. Die Frau soll Vatikan-Gelder für Luxusgüter ausgegeben haben statt für die Befreiung einer entführten Ordensfrau in Mali.
Der Kardinal, der seit Mitte 2021 im Vatikan vor Gericht steht, hat bisher alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Auch den weiteren Angeklagten drohen Haft- und Geldstrafen.