Übererfüllung von Aufgaben oder ständiges Aufschieben: Beides kann nach Worten von Coach und Autorin Evelien Bijl auf überzogenen Perfektionismus hindeuten.
Münster – Übererfüllung von Aufgaben oder ständiges Aufschieben: Beides kann nach Worten von Coach und Autorin Evelien Bijl auf überzogenen Perfektionismus hindeuten. Beide Verhaltensweisen hätten oft den gleichen Ursprung, sagte sie dem Magazin „Flow“ aus Münster: „nämlich die Angst, einem Anspruch nicht gerecht zu werden“. Aus ihrer Sicht sei es verkehrt, dass Perfektionismus in der Arbeitswelt oft als „gute“ Schwäche genannt werde: „Perfektionismus ist keine Stärke.“
Denn es sei „eine Sache, hohe Standards anzustreben und sich zu engagieren – und eine ganz andere, sich in ungesundem Maße aufzuopfern“, erklärte Bijl. Viele Menschen schätzten sich in dieser Hinsicht falsch ein und dächten etwa: „Ich mache doch reichlich Fehler. Wieso sollte ich perfektionistisch sein?“
Laut der Expertin gibt es auch „emotionalen Perfektionismus, bei dem man sich auf der Gefühlsebene viel abverlangt“. Betroffene ärgerten sich beispielsweise, wenn sie traurig seien oder ermahnten sich selbst, wenn sie eine Sache falsch eingeschätzt hätten. Dabei schwinge die Erwartung mit, mit sich und der eigenen Leistung „immer vollkommen zufrieden sein zu wollen“.
Dies könne zu „körperlichen und mentalen Beschwerden bis hin zum Burn-out“ führen, warnte Bijl. Trübe Gedanken und widersprüchliche Gefühle gehörten indes zum Leben dazu: „Wenn man sich für sie bestraft, tun sie noch mehr weh.“
Entsprechende Denk- und Verhaltensmuster müsse man zunächst einmal erkennen. Verräterisch seien Annahmen wie: „Wenn ich nicht alles akribisch kontrolliere, entgleiten mir die Dinge“ oder „Wenn ich meine Arbeitsstunden reduziere, werde ich faul“. Hilfreich sei es, „sich bewusst Momente der Erholung zu nehmen“, riet die Autorin – auch wenn sich dabei zunächst unbehagliche Gefühle einstellten. „Je häufiger man einen Gang runterschaltet und sich die Wichtigkeit von Pausen klarmacht, desto leichter fällt es, sie auch zu genießen.“
Darüber hinaus könne es helfen, das Leben als eine Art Reise zu betrachten, „auf der man Lernprozesse durchmacht und sich ständig weiterentwickeln darf“. Perfektionistinnen und Perfektionisten hätten häufig statische Denkweisen, teilten Erfahrungen etwa in Erfolg und Misserfolg auf. So entwickle sich eine ständige Angst vor Fehlern. „Liebevoller mit sich umzugehen, gelingt meist nicht auf Anhieb“, so Bijl. Es lohne sich jedoch, sich dafür Zeit zu nehmen.