Anschlag auf Berliner Synagoge heizt Antisemitismus-Debatte an

Nach dem Brandanschlag auf eine Berliner Synagoge hat sich die Debatte über israelbezogenen Antisemitismus und den Schutz jüdischer Einrichtungen verschärft.

Nach dem Brandanschlag auf eine Berliner Synagoge hat sich die Debatte über israelbezogenen Antisemitismus und den Schutz jüdischer Einrichtungen verschärft. Am Rande seines Ägypten-Besuchs kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verstärkte Sicherheitsmaßnahmen an. Solche Taten dürften niemals hingenommen werden. Auch gewalttätige und von antisemitischen Parolen begleitete Kundgebungen seien nicht zu akzeptieren.

Nach Angaben der Polizei hatten in den Morgenstunden zwei unbekannte vermummte Täter zwei Flaschen, deren brennbare Flüssigkeit sie entzündet hatten, in Richtung der Synagoge in Berlin-Mitte (Brunnenstraße) geworfen. Ein Wachmann löschte das dadurch entstandene kleine Feuer und verhinderte dadurch Schlimmeres.

Pures Glück, dass keine Menschen zu Schaden kamen

Während der polizeilichen Ermittlungen fuhr rund vier Stunden später ein 30-Jähriger mit einem E-Scooter vor die Synagoge und wollte auf sie zulaufen. Dies verhinderten die Einsatzkräfte und nahmen ihn zeitweise fest. Bei der Feststellung seiner Identität leistete er Widerstand und rief israelfeindliche Parolen. In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, nannte es „pures Glück, dass weder Gebäude noch Personen zu Schaden gekommen sind“.

Der Zentralrat der Juden verurteilte den Brandanschlag scharf und stellte ihn in einen Zusammenhang mit einer vorausgegangenen Demonstration am Brandenburger Tor. Dort habe sich in der Nacht zum Mittwoch ein islamistischer Mob von mehreren hundert, vor allem jungen Menschen versammelt. Sie seien durch eine Meldung der Hamas angestiftet worden, die den Raketeneinschlag auf ein Krankenhaus in Gaza zu Unrecht der israelischen Armee zugeschrieben habe. Viele deutsche Medien hätten diese Meldung schlagzeilenartig weiter verbreitet, „obwohl schon generell die Erklärung einer Terrororganisation in Frage gestellt werden muss“, so der Zentralrat.

Wie der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) mitteilte, gab es in der Woche nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel einen sprunghaften Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland. So seien allein zwischen dem 7. Oktober und 15. Oktober 202 Taten dieser Art bekannt geworden, rund dreieinhalb mal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Schutz jüdischer Einrichtungen hat höchste Priorität

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) räumte unterdessen Versäumnisse bei der Bekämpfung von Judenfeindlichkeit ein. So werde sie in Schulbüchern fast nur in Zusammenhang mit der Schoah beleuchtet. Aktuelle Formen wie ein auf israelbezogener Antisemitismus seien in den Lehrplänen hingegen kaum Thema.

Bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag betonte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), es gebe „null Toleranz für antisemitische und israelfeindliche Hetze“ und Gewalt. Der Schutz jüdischer Einrichtungen habe höchste Priorität. Es würden zudem im Kontakt von Bund und Ländern alle rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern genutzt. Antisemitismus, Rassismus oder jede Art von Menschenfeindlichkeit stünden einer Einbürgerung entgegen. Sie erwarte auch von den Islamverbänden in Deutschland eine Haltung, die den Terrorismus von Hamas verurteile.

Der Unions-Abgeordnete Alexander Hoffmann (CSU) sagte, es sei Zeit, dass der Bundestag die Worte „Nie wieder!“, die bei Gedenkfeiern häufig zitiert würden, umfassend mit Leben fülle. „Nie wieder ist jetzt“, unterstrichen auch die Abgeordneten Lamya Kaddor (Grüne) und Gitta Connemann (CDU).

Von Gregor Krumpholz, Michael Kinnen und Birgit Wilke (KNA)