Die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus, würdigt den Rücktritt von Annette Kurschus als „wichtiges Signal der persönlichen und institutionellen Verantwortungsübernahme“.
Berlin – Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, würdigt den Rücktritt von Annette Kurschus als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen als „wichtiges Signal der persönlichen und institutionellen Verantwortungsübernahme“. Der Schritt sei „folgerichtig und konsequent“, sagte Claus am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Und „das Signal richtet sich auch an andere Institutionen, Kirche und Sport“.
Gleichzeitig kritisierte sie, dass Kurschus vor allem den öffentlichen Druck als Kriterium benannt habe: „Ich bin überrascht und irritiert, dass trotz all der Erfahrungen in der Vergangenheit eine zeitnahe und transparente Kommunikation nicht erfolgt ist und es am Ende vor allem der öffentliche Druck war, der zu diesem Schritt führte.“ Claus hätte sich eine Analyse gewünscht, die „über das Kriterium des öffentlichen Drucks hinausgeht“.
Nach Recherchen der „Siegener Zeitung“ soll Kurschus als Gemeindepfarrerin in Siegen schon Ende der 1990er-Jahre über Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen einen Kirchenmitarbeiter informiert gewesen sein, diese aber nicht gemeldet haben. Kurschus wies erneut die Darstellung zurück, sie habe damals etwas vertuscht. Inzwischen habe sich aber die öffentliche Debatte um den Vorgang derart zugespitzt, dass sie keine Alternative zum Rücktritt sehe.
An dem mit der EKD vorgesehenen Termin zur Unterzeichnung einer „Gemeinsamen Erklärung über eine unabhängige Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie nach verbindlichen Kriterien und Standards“ am 13. Dezember halte sie auch nach dem Rücktritt von Kurschus fest, betonte Claus: „Dieser Fall macht deutlich, wie sehr es Qualitätssicherung und Handlungskompetenz braucht.“
Von Missbrauch Betroffene sollten sich an unabhängige regionale Ansprechstellen für ihre institutionellen Kontexte wenden können, so dass sie nicht den einzigen Weg darin sähen, in die Öffentlichkeit zu gehen, um gehört zu werden, fügte sie hinzu: „Deswegen haben wir auch mit der evangelischen Kirche zu regionalen unabhängigen Kommissionen verhandelt, die jetzt kommen werden.“
Am Montagmorgen hatte Claus im Deutschlandfunk Kultur kritisiert, die EKD benenne Verantwortung bei sexuellem Missbrauch nicht klar genug. „Diese scheibchenweise Aufklärung – da entsteht der Eindruck: Hier wird nicht alles auf den Tisch gelegt“, schrieb Claus dazu auf X (ehemals Twitter).