Gewaltsamer Widerstand sei ein legitimes Mittel gegen Angriffe, sagte Kardinal Woelki bei einem Soldatengottesdienst im Kölner Dom. Vor der Kathedrale gab es Protest gegen die Feier.
Köln – Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hält es ethisch für gerechtfertigt, kriegerische Angriffe gewaltsam abzuwehren. Mit Blick auf aktuelle Kriege wie den russischen Angriff auf die Ukraine erinnerte der Erzbischof am Donnerstag im Kölner Dom an die kirchliche Lehre vom gerechten Krieg. Diese stelle sich einem radikalen Pazifismus in gewisser Weise entgegen. Besser müsse man vom „gerechtfertigten Krieg“ sprechen.
Woelki: „Stärker als alle Waffen ist unser Gebet“
Der Kardinal äußerte sich beim Internationalen Soldatengottesdienst, der immer zu Jahresbeginn im Kölner Dom gefeiert wird. Rund 20 Personen protestierten zeitgleich nahe der Kathedrale gegen die Feier. An ihr nahmen auch die ukrainische Generalkonsulin Iryna Shum aus Düsseldorf und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) teil. Wegen der aktuellen Schneefälle konnten zahlreiche Militärangehörige den Gottesdienst nicht erreichen.
„Stärker als alle Waffen ist unser Gebet“, sagte Woelki und bekundete die Hoffnung, dass die Waffen schweigen und Verhandlungen beginnen. Krieg und Gewalt bleibe immer ein Übel. Aber Jesu Aussage in der Bergpredigt „Selig, die Frieden stiften“ dürfe nicht im Sinne eines radikalen Gewaltverzichts gedeutet werden.
Eine gewaltsame Verteidigung aus Notwehr sei als letztes Mittel und als „notwendig kleineres Übel“ in engen Grenzen moralisch zu tolerieren. „Denn Notwehr ist im letzten deshalb gerechtfertigt, weil ohne sie möglicherweise der Terror oder die Despotie das Regiment übernehmen, eine legitime staatliche Gewalt ersetzen und Unheil über die Menschen bringen würde.“
„Pragmatisch geduldete Übel der Notwehrgewalt“
Nach Worten Woelkis gehören gewaltloser Widerstand und eine lang angelegte weltweite friedensethische Bildung zu den moralisch legitimierten Mitteln, den Weg zum Frieden zu bereiten. Im Zweifelsfall bewahre aber auch „das pragmatisch geduldete Übel der Notwehrgewalt“ vor Barbarei. Bei all dem komme Soldatinnen und Soldaten eine wichtige Rolle zu. Ihr Wirken sei ein Geschenk an alle Menschen guten Willens. „Und dafür möchte ich Ihnen heute bei dieser Gelegenheit ganz einfach einmal Danke sagen“, so der Kardinal.
Das Kölner Friedensforum und die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ kritisierten den Gottesdienst. Es handele sich um eine „kirchliche Verharmlosung der deutschen Aufrüstungs- und Kriegspolitik“.
Zum Internationalen Soldatengottesdienst laden seit 1977 das Katholische Militärbischofsamt und die Katholische Militärseelsorge ein. Die Feier knüpft an den Weltfriedenstag an, den die katholische Kirche am 1. Januar begeht. In den vergangenen Jahren forderten Friedensgruppen immer wieder einen Verzicht auf den Gottesdienst.