„Kirchenspaltung, Schisma, zweite Reformation…“ – Mit scharfen Worten wurden die deutschen Bischöfe kritisiert für ihre Reformbemühungen. Bischof Wilmer versucht, die Wogen zu glätten und einen Ausweg aufzuzeigen.
Hildesheim/Wien – Der Hildesheimer katholische Bischof Heiner Wilmer antwortet auf die massive Kritik an deutschen Reformbestrebungen und hält die oft geäußerten Warnungen vor einer Kirchenspaltung für unberechtigt. „Es wird kein Schisma geben und keiner der Bischöfe in Deutschland hat dies je gewollt“, schreibt er in einem Beitrag für das theologische Portal communio.de (Mittwoch).
Zwischen der Kirche in Deutschland, den Katholiken in den Nachbarländern und dem Vatikan müsse es mehr offene Gespräche, mehr gegenseitiges Verständnis und mehr Vertrauen geben, fügte er hinzu. Der Konflikt dürfe von keiner Seite als Machtfrage interpretiert werden nach dem Motto „Rom gegen Deutschland“ oder „Deutschland gegen Rom“.
Die Bischöfe, so Wilmer weiter, stünden treu zum Papst und müssten zugleich „im Namen Jesu Christi an der Seite der Gläubigen bleiben, ihren Kummer und ihre Sorgen verstehen, nicht nur die ihres Alltags und der Gesellschaft, sondern auch in Bezug auf unsere Kirche“. In seinem Diskussionsbeitrag wolle er deshalb zum besseren Verständnis untereinander beitragen.
Dringend brauche die Kirche mehr Synodalität, betonte der Bischof, wobei der synodale Prozess auf Weltebene noch klarer definieren müsse, was dies konkret bedeute und was daraus folge. Wichtig sei zudem die „Unfehlbarkeit des Volkes Gottes“. Dessen Glaubenssinn lasse sich aber „nicht einfach durch religionssoziologische Umfragen“ erheben. Hier seien auch die Bischöfe besonders gefragt: „Das ist Teil ihrer Verantwortung, die sie nicht an Arbeitsgruppen oder bestimmte Räte delegieren können.“
Die Kirche müsse immer weiter dazulernen und auch moderne wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen, forderte Wilmer weiter: „Es geht darum, nicht verschlossen in der Sakristei und in unseren Binnenräumen zu bleiben, sondern hinauszugehen auf die Straßen der Welt.“ Leiten solle dabei „nicht die Angst vor dem Zeitgeist, sondern die Zuversicht, den Geist in der Zeit entdecken zu können“.
Unerlässlich sei „Umkehr in der Kirche“, fügte er hinzu – auch „damit sich die fürchterliche Geschichte der sexualisierten Gewalt nie wiederholt. Wir können nicht im Gotteshaus das heilige Opfer feiern und die Opfer auf der Straße nicht mehr im Blick haben.“ Dazu brauche es geeignete Maßnahmen, Kontrollen und Rechenschaftspflicht.
Außerdem brauche es „unter uns Bischöfen“ und allen kirchlich Handelnden „Versöhnung zwischen den extremen Positionen“, so Wilmer weiter: „Es braucht Versöhnung in und mit der Weltkirche. Es braucht klare Zeichen in Deutschland, aus denen hervorgeht, dass niemand ein Schisma will, niemand die Spaltung von Rom.“
Dabei brauche es auch Zeichen, „dass wir in unserer Kirche unterschiedliche Kulturen und verschiedene Wege des Glaubens wertschätzen“. Wichtig sei außerdem eine „Hermeneutik des Vertrauens“ bei den weiteren Gesprächen mit dem Vatikan, forderte der Hildesheimer Bischof: „Es braucht die italienische fiducia, die Annahme, dass das Gegenüber es grundsätzlich gut meint.“
Fast alle Themen des deutschen Reformprozesses Synodaler Weg lägen auch auf dem Tisch der weltweiten Beratungen, ergänzte der Bischof: „Wenn wir alle Kirche sind, Weltkirche, können wir in dieser Synode neu lernen, was das Wesentliche ist und wo es in einer Ortskirche spezielle Ausformungen braucht.“
Nach den Konflikten der letzten Wochen und Monate sei es jetzt wichtig, mit allen kirchlich Handelnden im Gespräch zu bleiben: „den Bischöfen, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, den getauften Frauen und Männern in den verantwortungsvollen Ämtern“. Alle sollten nun gemeinsam überlegen, „wie die nächsten Monate konkret gestaltet werden können“.