Synodaler Weg für Wahrheit und Teilhabe in der Kirche

Im Oberhausener Debattierclub diskutierten der Theologe Thomas Söding und der Kirchenrechtler Peter Fabritz.
Synodaler Weg für Wahrheit und Teilhabe in der Kirche

Thomas Gäng (r.) begrüßte Peter Fabritz (l.) und Thomas Söding im Oberhausener Debattierclub. –Foto: Wilmes

Oberhausen – Großes Interesse am Debattierclub des Stadtkatholikenrates über brennende Fragen von Kirche und Welt: Nach dem Ortswechsel der Reihe ins CentrO- Kirchenzentrum waren der Synodale Weg und die Wahrheitsfindung zwischen Überlieferung und Glaubensdialog das Thema.  Der frührere Oberhausener Stadtdechant und heutige Offizial des Erzbistums Köln, Dr. Peter Fabritz, und der Bochumer Theologie-Professor Thomas Söding disktuierten in der Auftaktveranstaltung im Café Mary & Joe. Söding ist stellvertretender Vorsitzender im Präsidium des Synodalen Weges sowie des Zentralkommitees der deutschen Katholiken (ZdK). Der Moderator und Inititator der Diskussionsreihe, Thomas Gäng, umrahmte mit sehr grundlegenden Fragen den Abend zum Fortgang des Synodalen Weges: „Was ist für Gläubige ,katholisch‘?“ und „Was ist Wahrheit?“, wollte er wissen. 

„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, antwortete Söding biblisch auf diese Frage, während Fabritz auf seine Lebensgeschichte und auch auf „katholische Karrieren“ von Taufe bis zum aktuellen Bekenntnis einer Persönlichkeit verwies. Söding erläuterte dann das zitierte Bibelwort: „Jesus sieht die Wahrheit im Dialog und dem, was Menschen auf ihren Wegen prägt.“ Wahrheit habe also mit Grundlage, aber auch mit dynamischer Entwicklung zu tun. Verbindungen im Glauben, Menschen und Lebens-Dialoge trügen zur Wahrheit in den christlichen Kirchen bei.

Mehr Transparenz im Handeln

Mit dem von den fünf Synodalversammlungen seit vier Jahren geprägten Synodalen Weg haben diese Wahrheits-Definitionen zu tun, weil die Kirche im Glauben, mitten in der modernen Welt und im andauernden Missbrauchsskandal nach Orientierung sucht. Söding: „Sie muss und will Opfern gerecht werden, nachdem toxische Rollenbilder Jahrzehnte lang und über Generationen hinweg dazu führten, den eigenen Schutz über den Schutz der Opfer zu stellen.“ Deshalb beschlossen 2019 die deutschen Bischöfe mit den Laieinnen und Laien den Synodalen Weg.

Söding wie Fabritz forderten übereinstimmend, aber mit unterschiedlichen Akzenten mehr Transparenz im Handeln einer gläubigen Kirche beziehungsweise derenSpitze. Gemeinsam müsse man mit der Wahrheit und kirchlicher Steuerung umgehen. „Es gibt den ,diktatorischen‘ Pfarrer schon lange nicht mehr“, stellte Fabritz fest. Gemeinden lebten nur mit Laien, die Kirche mit gestalteten. „Der Priester soll Menschen in der Gemeinde mitreißen, Zeugnis zu geben und diesen Weg zu gehen.“ Selbstverständlich ist für Fabritz der Papst die Autorität von göttlichem Recht. „In Fragen von Wahrheit (Suche und Schutz, d. Red.) überträgt sich das auf die Bischöfe und dann auch auf Priester“, sagte der Kirchenrechtler.

„Eine Hierarchie ruht immer auf ihrer Basis“

Söding warb für eine anders akzentuierte Sicht der bestehenden kirchlichen Ordnung und der geweihten Hierarchie. „Eine Hierarchie ruht immer auf der Basis.“ Eine Kultur der Teilhabe müsse aber beim Festhalten am leitenden Papst- und Bischofsdienst entstehen. Das gilt nach Ansicht des Neu­testa­mentlers sowie ZdK-Mannes und Botschafters der deutschen Katholiken im politischen Berlin für die Wahrheitsfrage und für eine sich in synodaler Not wendende deutsche und weltweite Kirche. Söding ist auch als Mitglied der päpstlich einberufenen Weltsynode unterwegs und war dort bei dem Frühjahrs-Beratungen 2024. Er rief allen das päpstliche Wort „Wir sind eine synodale Kirche“ in Erinnerung.

Gäng, beruflich Bank-Vorstand, plädierte auch in der Kirche für Kontrolle und nachvollziehbare Verantwortung ihres Handelns durch verantwortliche Aufsichtsräte, Begleitung und Qualitätsmanagement sowie bei Bedarf durch gerichtliche Beurteilung. Demgegenüber stehen für ihn zusätzliche kirchliche Gremien eher zurück. 

Themen waren auch die aktuelle Situation der Kirchen in Deutschland, ihr schmaler werdendes gemeinsames Auftreten, dazu Einsatz für Frieden, gelebtes Gebet und wichtige Wege guter Frömmigkeit. Anders als sonst fehlte in den mehr als zweieinhalb Stunden fruchtbarer Diskussion die Zeit für den Austausch mit dem Publikum. Wichtiger als der vermisste Austausch war aber ein Bewusstsein: Im Glauben zählen Orientierung am Evangelium und am Leben Jesu. Ohne das könnte sich die kleiner werdende Kirche, gleichzeitig strauchelnd sowie lebendig in Gottes Liebe, selbst begraben.

Ulrich Wilmes