Der Prager Religionsphilosoph Tomas Halik (75) hält einen radikalen Mentalitätswandel in der katholischen Kirche für nötig.
Graz – Der Prager Religionsphilosoph Tomas Halik (75) hält einen radikalen Mentalitätswandel in der katholischen Kirche für nötig. Dabei gehe es darum, “den Stolz und die Arroganz der Besitzer der ganzen Wahrheit” abzulegen, sagte er der Kleinen Zeitung im Interview. “Wir müssen eine hörende Kirche sein; nicht nur eine lehrende Kirche, sondern vor allem eine lernende Kirche”, so Halik.
Aus der bürokratischen Institution Kirche müsse “ein Haus für alle” werden. Das erfordere eine Vertiefung der Ökumene, des interreligiösen und interkulturellen Dialogs. Dazu gehöre auch ein Bewusstsein für die ökologische Verantwortung für “die Umwelt, den Planeten als gemeinsames Haus der ganzen Menschheitsfamilie”.
Es gelte, “aus dem Gefüge ihres konfessionell geschlossenen klerikalen Systems zur Universalität im Sinn einer tieferen und weiteren Ökumene zu finden”, so der Religionssoziologe. Dieser Aufgabe habe sich schon das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) gestellt; allerdings “mit nur teilweisen Ergebnissen”. Der von Papst Franziskus eingeleitete Prozess der synodalen Reform nehme das Vorhaben aber wieder auf und entwickele es weiter.
Die Zukunft wird nach Haliks Überzeugung viele verschiedene Arten des Christseins mit sich bringen. Das setze aber die Entwicklung einer Kultur von Respekt und gegenseitiger Anerkennung voraus. Es gelte, sich sowohl “vom Eifer und vom Fanatismus der Revolutionäre und Inquisitoren” zu befreien, die den idealen Zustand schnell mit ihren eigenen Mitteln erreichen wollten, als auch von der Versuchung, sich “mit einem beliebigen Zustand von Kirche und religiösem Wissen” zufriedenzugeben. “Theologie darf nicht zu einer Ideologie werden. In unserer Theologie muss immer Raum sein für das Geheimnis, für weiteres Suchen, Fragen und stille Anbetung”, so der Priester Halik.