Mittelalterliche Wohnhügel im Wattenmeer entdeckt

Forscher haben im nordfriesischen Wattenmeer einen weiteren Ortsteil des sagenumwobenen Orts Rungholt nachgewiesen.
Mittelalterliche Wohnhügel im Wattenmeer entdeckt

Kampagne 2024 des Wattenmeer-Projekts westlich von Nordstrand.

Forscher haben im nordfriesischen Wattenmeer einen weiteren Ortsteil des sagenumwobenen Orts Rungholt nachgewiesen. Sie haben Spuren von 19 bislang unbekannten mittelalterlichen Wohnhügeln, sogenannten Warften, entdeckt, wie die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel am Mittwoch mitteilte. “Damit hat sich die Zahl der uns bekannten, im Mittelalter untergegangenen Wohnplätze in diesem Gebiet deutlich erhöht”, sagte die Geophysikerin Sarah Bäumler. “Wir konnten eine entscheidende Lücke im Wissen über die damalige Siedlungsstruktur schließen.”

Das Watt vor der Halbinsel Nordstrand, in dem die Forscher acht Tage lang gegraben haben, wird mit dem historischen, bei der Sturmflut von 1362 zerstörten Verwaltungsbezirk Edomsharde in Verbindung gebracht. Auch der später mythologisch überhöhte Ort Rungholt soll Teil dieses Bezirks gewesen sein.

Im vergangenen Jahr hatten die Forscher mehrerer Universitäten und Institutionen dort den Grundriss einer 40 Meter langen und 15 Meter breiten Kirche gefunden. Nun gruben sie an sieben entscheidenden Stellen des Grundrisses, um weitere Informationen über das Kirchenfundament zu erhalten. “Die Ausmaße entsprechen denen anderer großer Kirchen in Nordfriesland”, erklärte der Archäologe Bente Sven Majchczack. “Wir können also davon ausgehen, dass es eine Hauptkirche der Edomsharde war.”

Schon 2017 hatten die Wissenschaftler in einem südlicher gelegenen Bereich einen Deich, einen Hafen und mehrere Warften gefunden. “Die jetzt neu entdeckten Warft-Spuren schließen die Lücke zwischen dem Hafenareal und dem Kirchgebiet”, so die Archäologin Ruth Blankenfeldt. “Was wir schon vermutet hatten, trifft also zu: Das heutige Watt war damals großflächig dicht besiedelt.” Dafür sprächen auch etliche Einzelfunde von Formziegeln, Metallgegenständen und mittelalterlicher Keramik.

Die Arbeiten sind laut Mitteilung zeitintensiv und anstrengend. “Die Forscherinnen und Forscher müssen jeden Tag rund eineinhalb Stunden über Schlamm und Schlick marschieren, um ihr Arbeitsgebiet zu erreichen, und dabei die gesamte Ausrüstung mitnehmen. Rund um Niedrigwasser bleiben dann nur wenige Stunden Arbeitszeit, die intensiv genutzt werden.” Dementsprechend könne bei jeder Kampagne nur ein begrenztes Pensum geschafft werden. Es blieben nach wie vor viele Fragen offen.

kna