Gesundheitsexperte: Überalterung der Ärzteschaft ist ein Mythos

Der ehemalige Gesundheitsweise Ferdinand Gerlach sieht hierzulande keine Überalterung der Ärzteschaft.
Gesundheitsexperte: Überalterung der Ärzteschaft ist ein Mythos

Symbolbild von Bruno /Germany auf Pixabay

Der ehemalige Gesundheitsweise Ferdinand Gerlach sieht hierzulande keine Überalterung der Ärzteschaft. Mit Blick auf befürchtete Engpässe in der Gesundheitsversorgung sagte Gerlach der „Ärzte Zeitung“ (Donnerstag): „Es gibt zwar disziplinäre und regionale Engpässe, aber keinen allgemeinen Mangel, keine generelle Überalterung, keine überdurchschnittliche Abwanderung in andere Bereiche, und es gibt keinen Zusammenhang zwischen Arztzahlen und Baby-Boomern.“

Gerlach ergänzte: „Der Mythos, die Ärzteschaft insgesamt sei völlig überaltert, ist also widerlegt.“ Stattdessen seien teils bestehende Engpässe eher durch fehlende Koordination und Steuerung im Gesundheitswesen begründet. „Wir haben auch im internationalen Vergleich sehr viele Ärzte, und es werden immer mehr. Es geht darum, wie wir sie beschäftigen“, sagte der Direktor des Lehrstuhls Allgemeinmedizin der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main und frühere Vorsitzender des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege.

Er forderte „tiefgreifende Strukturreformen“ und ein „Abbremsen der Hamsterräder im ambulanten und stationären Bereich“. Wichtig sei, künftig auch Künstliche Intelligenz zu nutzen, die digitale Transformation vorantreiben und die Zusammenarbeit von verschiedenen Gesundheitsberufen zu fördern. „Ich gehe fest davon aus, dass die KI in bestimmten Bereichen schon bald besser ist als gelegentlich vergessliche, manchmal unaufmerksame Ärzte, die gar nicht alles wissen können.“ Durch den Einsatz von KI und mehr Zusammenarbeit der Professionen in Hausarztpraxen oder Notfallkliniken könnte man „30 bis 40 Prozent der Tätigkeiten, die heute Ärzte übernehmen, sehr gut unterstützen oder ersetzen“, prognostiziert Gerlach.

Der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege hatte in seinem Gutachten zu Fachkräften im Gesundheitswesen im April ebenfalls keine Überalterung der Beschäftigten festgestellt, sondern hatte „arbeitsorganisatorische und strukturelle Schwächen im Gesundheitssystem“ ausgemacht.

Ärzteverbände haben zuletzt mehrfach mit Blick auf die Babyboomer-Generation vor einem drohenden Ärztemangel gewarnt. Die Bundesärztekammer verweist auf Schätzungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), nach denen bis 2040 mit einem Mangel an 30.000 bis 50.000 Ärztinnen und Ärzten in Deutschland zu rechnen sei.

kna