Von Peter Neysters
Der Engel aber sagte:
Freut euch, denn heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren.
Eine ältere Frau
Weihnachten ist für mich schon lange kein Fest mehr. An diesen Tagen fühle ich mich besonders einsam und verlassen. Kein Besuch, kein Gespräch – nichts. Jeder feiert in seiner Familie. Da werden alte Leute einfach vergessen. Ich bin immer froh, wenn Weihnachten vorbei ist.
Ein Jugendlicher
An Weihnachten ist bei uns zu Hause nichts los. Meine Eltern wollen immer noch so feiern wie früher, mit viel andächtiger Stimmung. Ich bin aber kein Kind mehr. Ich habe jetzt andere Vorstellungen von Weihnachten – bei all dem Elend um uns herum. Viel Essen, viel Trinken, viel Fernsehen – Jahr für Jahr die „alte Leier“.
Eine Mutter
Wenn Weihnachten da ist, bin ich fix und fertig. Tagelang in der Stadt herumlaufen, Geschenke besorgen, fürs Weihnachtsmenu einkaufen, an tausend Kleinigkeiten denken. Auch an Weihnachten komme ich kaum zur Ruhe. Wenn alles vorbei ist, werde ich erst einmal tief durchatmen.
Ein Arzt
Weihnachten habe ich wieder Bereitschaftsdienst. Der ist an diesen Tagen besonders anstrengend. Da bricht einiges auf, manches sogar zusammen. Schlimm sind die dringenden Notfälle: Selbstmordversuche. Das geht mir an diesen Tagen ganz schön unter die Haut. Von wegen „Weihnachtsfrieden“.
Ein Geschäftsmann
Die Leute kaufen in den letzten Tagen wie verrückt. Als wenn es nach Weihnachten nichts mehr gäbe. Und sie werden immer anspruchsvoller! An Weihnachten fliege ich in den Süden: weit weg von Glockengeläut und Weihnachtsgesang. Haben Sie mal den ganzen Tag diese Musik um die Ohren. Nein, Weihnachten ist für mich seit Jahren „gestorben“. Ein gutes Geschäft schon, aber sonst…
Einige bemerkenswerte Stimmen, die keineswegs die „Weihnachtsstimmung“ vermiesen wollen. Aber sie sollten uns nachdenklich stimmen. Was bedeutet uns Weihnachten anno 2015? Was feiern wir und warum feiern wir? Was ist der Sinn dieses Fes-tes? Wer hinter all dem Feiern den eigentlichen Grund – den „tieferen Sinn“ – nicht entdecken kann, der feiert unbegründet, oft genug „besinnungslos“. Aller Kaufkraft zum Trotz bleibt Weihnachten dann im letzten „sinnentleert“ und freudlos. Weihnachten ist unverkäuflich!
Unbezahlbare Erlebnisse im Leben
Es gibt im Leben Dinge – Erlebnisse wie Ereignisse –, die unbezahlbar sind. Ja, wir leben letztlich von dem, was wir nicht bezahlen können, vom Unbezahlbaren: Von der Liebe, vom Vertrauen, vom Wohlergehen, von der Sonne und dem Sonntag, von den
Festen und den Feiern und nicht zuletzt vom Leben selbst! Das Entscheidende, das Maßgebliche im Leben ist unbezahlbar, fragt nicht nach Nutzen und Zweck, orientiert sich nicht an Leistung und Erfolg. Das Entscheidende im Leben wird uns geschenkt! Wer sich beschenkt weiß, der hat allen Grund zu feiern und zu danken…
Weihnachten schenken wir, weil wir zuallererst selbst beschenkt werden. An Weihnachten kommt Gott in diese Welt. Als kleines, schutzbedürftiges und hilfesuchendes Kind im Stall zu Bethlehem unter menschenunwürdigen Bedingungen. Der große Gott macht sich ganz klein. Er hat nicht etwas, er hat sich selbst uns ganz geschenkt! Was er getan hat, das ist nicht zu bezahlen, für kein Geld in der Welt.
„Lasst uns den Sinn für das Unbezahlbare wachhalten!
Lasst uns den Sinn für den Unbezahlbaren wachhalten!“
Bischof Franz Kamphaus
Das Kind in der Krippe, ein Geschenk des Himmels. Mit einer Botschaft, die uns hoffen lässt: Liebe zum Nächsten, aber auch Liebe zum Fremden ist möglich! Auch der Andere neben mir ist unbezahlbar.
Es ist die älteste und zugleich bewegendste Fluchtgeschichte: die Flucht der Heiligen Familie aus ihrem Heimatland ins fremde Ägypten. Überstürzt musste sie alles zurücklassen, um das „nackte Leben“ zu retten. Wie wäre die Geschichte wohl verlaufen, wenn die Ägypter diese Flüchtlingsfamilie zurückgeschickt hätten in das Land des Kindermörders Herodes?
Und heute, Weihnachten 2015, zwei Jahrtausende später, wiederholt sich eine solche Fluchtgeschichte in dramatischem Ausmaß. Hunderttausende Menschen, darunter unzählige Kinder, fliehen vor Gewalt, Terror, Krieg und Verfolgung – so wie damals Maria und Josef mit dem Jesuskind. Jede einzelne dieser Fluchtgeschichten berichtet vom Leben und Sterben und dem Elend dazwischen. Und von der Hoffnung dieser Menschen auf neue Beheimatung.
Gott kommt in diese Welt – und DU gibst IHM ein Gesicht! Das ist die Frohe Botschaft zu Weihnachten 2015!
„Möge das Kind in der Krippe euer Haus segnen. Und mögen alle, die darin wohnen und bei euch Schutz suchen, von ihm gesegnet sein.“
Irischer Segenswunsch
Peter Neysters ist ehemaliger Leiter der Abteilung „Ehe und Familie“ sowie „Sakramentenpastoral“ im Bistum Essen.
Gedruckt erschienen im Neuen Ruhr-Wort, Nr. 50, vom 12. Dezember 2015. Ihnen hat unser Bericht gefallen? Sie können unsere Wochenzeitung hier ganz bequem abonnieren.