„Von rassistischen Stereotypen geprägt“

Das Entwicklungshilfswerk Misereor hat die Afrika-Aussagen des Schalke-Aufsichtsrats Clemens Tönnies scharf kritisiert. Sie seien “zweifellos von rassistischen Stereotypen geprägt”, erklärte Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon am Freitag in Aachen. Tönnies habe “mitnichten reale Probleme angesprochen”.

Tönnies hatte vor kurzem im Zusammenhang mit Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel Medienberichten zufolge gesagt, man solle stattdessen lieber 20 Kraftwerke in Afrika pro Jahr finanzieren. “Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn es dunkel ist, Kinder zu produzieren.” Für diese Äußerungen entschuldigte er sich später. Derzeit lässt er sein Amt im Aufsichtsrat des Fußballvereins für drei Monate ruhen. Am 15. August wird sich auch der Deutsche Fußball-Bund mit dem Vorfall befassen.

Der Afrika-Beauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, hatte Tönnies’ Wortwahl gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland als “völlig inakzeptabel” bezeichnet. Er erklärte zugleich, Probleme wie das Verschwinden des Regenwalds und das Bevölkerungswachstum auf dem afrikanischen Kontinent seien “real, und darüber muss gesprochen und gegebenenfalls kontrovers diskutiert werden”.

Der zentralafrikanische Regenwald verschwinde jedoch nicht wegen fehlender Kraftwerke, so Bröckelmann-Simon, sondern wegen “anhaltendem Holzeinschlag”, der Ausbeutung von Rohstoffvorkommen und vordringender Plantagenwirtschaft. All dies geschehe für den europäischen Markt. “Fassen wir uns also getrost an unsere arrogante eigene Nase”, mahnte der Miseroer-Chef.

Die “komplexe Frage des Bevölkerungswachstums” auf eine “angebliche Triebhaftigkeit seiner Bewohnerinnen und Bewohner” zurückzuführen, bezeichnete Bröckelmann-Simon als “unerträglich”. Es brauche wachsende Einkommen, mehr Bildung für Frauen und Mädchen sowie staatliche Grunddienste in verantwortungsvoll regierten Staaten. Zudem “belasten gerade wir hier unser globales Ökosystem ungleich viel mehr als die Afrikanerinnen und Afrikaner”, betonte der Experte. “Auch das gehört auf den Tisch, wenn wir wirklich ernsthaft über Überbevölkerung auf dem Globus reden wollen!”

kna