Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck will künftig verstärkt auf verschiedene Leitungsformen von Gemeinden setzen. In einem Gespräch mit Mitgliedern des Essener Diözesanrats verwies er sowohl auf Gemeindereferentinnen, die eigenständig Gemeinden leiten, als auch auf von ehrenamtlichen Teams geführte Gemeinden, wie das Bistum Essen am Dienstag mitteilte.

(Foto: Cronauge | Bistum Essen)
„Es gibt eine wachsende Zahl von Priestern, die die mit der Weihe verbundenen Leitungsvollmachten bewusst nicht ausüben und sich ganz auf die Seelsorge konzentrieren“, so der Bischof. Auf der anderen Seite fänden sich haupt- und ehrenamtliche Laien, die durchaus mit Führungsqualitäten ausgestattet seien.
Allerdings gebe es Grenzen für das ehrenamtliche Engagement, führte Overbeck aus. „Ich werde die bestehenden und weitere Modelle gerne unterstützen, aber ich werde nichts von Ihnen verlangen, was sie nicht schaffen können.“ Gemeindeleitung sei ein Job, den nur jemand ausführen könne, der von allen anderen Verpflichtungen befreit sei. Auch müsse bei aller Vielfalt der Leitungsmodelle „eine Grundstruktur von Kirche“ erhalten bleiben. Das beinhalte, dass jede Gemeinde auch künftig zu einer von einem Pfarrer geleiteten Pfarrei gehören müsse.
In vielen katholischen Bistümern in Deutschland wird verstärkt darüber nachgedacht, ob und wie Laien an der Leitung von Pfarrgemeinden beteiligt werden können. Zu den Bistümern, die laut einer Umfrage bisher am stärksten Laien an der Leitung von Pfarrgemeinden beteiligen, gehören Aachen, Essen, Limburg, Magdeburg, München-Freising, Osnabrück und Rottenburg-Stuttgart.
Eucharistie hat Wert für die Gemeinde
Im Diözesanrat wertet Bischof Overbeck Maria 2.0 als Ausrufezeichen und setzt auf Verständigung innerhalb der Kirche
Essen. „Aktuelle Themen“ notierte die Einladung des Diözesanrats allgemein zu ihrer Vollversammlung für das Gespräch mit dem Bischof. Doch vor Ort im Hotel Franz wurde es sehr schnell konkret. Wie steht es um die Sicht von Bischof Overbeck auf Dienste und Ämter von „Laien“ wie um Ökumene und Ehrenamt, wie um Hierarchien und Macht in der Kirche? Luidger Wolterhoff, der mit Dorothee Möllenberg als zwei Diözesanrats- Vorsitzende den Abend leitete, moderierte das Gespräch mit dem Bischof.
Sind vermehrte Wort-Gottes-Feiern durch ehrenamtliche Gottesdienstleiter sinnvoll, lautete eine Frage, zu der Overbeck Position bezog. „Ohne Polemik sollten beide Formen und auch Wort-Gottes-Feiern mit anschließender Kommunionempfang zum Alltag gehören“, betonte er und wandte sich gegen Worte von einer „kurzen Ersatz-Messfeier“ für den Wortgottesdienst mit Kommunion. „Zentral für unser Selbstverständnis als Gemeinde ist eine Sonntagsmesse in jeder Pfarrei, zu der es keine zeitgleichen Parallelveranstaltungen an anderem Ort gebe.“
Mit Blick auf die Zukunft betone eine solche Praxis den Wert der Eucharistie in geistlicher und sozialer Hinsicht. Sie führe in der Feier des Glaubens und in seinen sozialen Aspekten Gemeinden zusammen.
Der Bischof betonte den Wert einer zentralen Sonntagsmesse auf der Hintergrund einer realistischen, aber nicht wertenden Sicht auf die Zahl der Gottesdienstbesucher. „Je jünger Katholiken sind, desto weniger – oder eigentlich gar nicht mehr – selbstverständlich feiern sie die Messe mit.“ Die in den Raum gestellten Fakten ergänzte er nachdenklich durch Einschätzungen. „Wo Kirchen geschlossen wurden, ist es schmerzlich festzustellen, dass mindestens ein Drittel aller Menschen der Eucharistie fernbleiben.“ Sie sei aber für geistliche Stärkung und für die Gemeinschaft sehr wichtig. An die Priester richtete Overbeck einen Appell: „Müht euch um eine tief in der Gemeinde verortete und gut vorbereitete Messe.“
Im Gespräch mit den Mitgliedern der Vollversammlung waren auch dem Bischof Fragen nach Ämtern und Personal, der ökumenischer Nutzung von Gottesdiensträumen und zum Ehrenamt wichtig. Nach der Nutzung von Immobilien gefragt, erwähnte Overbeck ökumenische Vereinbarungen, bei Schließungen von Gemeindehäusern und Kirchen dürfe es zukünftig keinen zusätzlichen Stadtteil ohne christliche Präsenz mehr geben. Gespräche mit den evangelischen Präsides Anette Kurschus und Manfred Rekowski in Bielefeld und Düsseldorf ist in diesen Fragen jetzt ein koordiniertes Handeln vereinbart. Im Dialog mit den erstverantwortlichen Presbyterien vor Ort ist Overbeck zufolge dabei ein guter persönlicher Kontakt über anstehende Pläne zu Immobilien von höchster Bedeutung.
„Wir brauchen das Hauptamt, um Ehrenamt zu ermöglichen“, sprach Stephanie Schulze, die BDKJ- Diözesanvorsitzende, auch das Thema des freiwilligen kirchlichen Engagements an, wo Unterstützung gerade für die Jugendverbände wichtig sei. Für den Bischof gilt das hier wie auch in der Leitung von Gemeinden mit immer weniger Priestern. Ausdrücklich würdigte er die zwei selbstverwalteten Gemeinden in Duisburg-Röttgersbach und auf der Essener Margarethenhöhe. Gemeindeleitung durch Ehrenamtliche sei vor dem Hintergrund der starken Beanspruchung nur möglich, wenn diese Engagierten im persönlichen Alltag sehr viel Zeit und zusätzlich Freiheiten zur Verfügung hätten. „Ich kann mich nur dreimal verneigen und danke sagen, dass Menschen das möglich machen.“ Er ergänzte: „Bei jedwedem Ehrenamt, um die Kirche lebendig zu halten, hoffe ich, dass die Engagierten auf ihre Kraft achten und sich ohne Verluste für das eigene Wohl schadlos halten können.“
Im Einsatz haupt- und ehramtlicher Amtsträger und ihrem Zusammenspiel seien allein die Möglichkeiten und die Fähigkeiten der Menschen für die Gemeinde wichtig. Mit Blick auf Pastöre, ehrenamtlich Tätige, die Pastoralreferentin oder den Diakon, ergänzte der Bischof, „darf es dabei nie um Macht gehen“.
Nach der Stellung zu Aktion Maria 2.0 gefragt, erläuterte Overbeck seine Sicht zur Aktion der Frauen. „Ich habe das nicht als Protest, sondern als Ausrufezeichen wahrgenommen“, so der Bischof dreieinhalb Monate nach der Woche des so genannten „Kirchenstreiks“. „Hier scheiden sich die Geister zwischen denen, die sich nicht verstanden fühlen und denen, die deutlich machen, dass es für sie bei Entscheidungen in der Zukunft um das Katholische geht.“ Bischof Overbeck will alles daran setzen, „dass wir Einigungen finden.“ Diskussionen dürften nicht zu Kirchen-Spaltungen führen. Untauglich sind aus seiner Sicht bundesweit hörbare Töne, die den Kampf um Veränderungen disqualifizieren und „als Unglauben beschreiben.“
uw