Das Schreiben von Papst Franziskus zur Amazonas-Synode sorgt in Deutschland bei Befürwortern von Kirchenreformen eher für Enttäuschung. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sieht die Debatten über Reformen allerdings nicht als beendet an. Er mahnte eine genaue Lektüre des Papiers mit dem Titel „Querida Amazonia“ („Geliebtes Amazonien“) an, das der Vatikan am Mittwoch veröffentlichte.
Reformorientierte Beobachter hatten auf konkrete Aussagen zu einer stärkeren Rolle der Frauen und zur Priesterweihe von verheirateten Männern gehofft. Das Schlussdokument der Synode hatte entsprechende Überlegungen aufgegriffen. In seinem aktuellen Schreiben macht der Papst sich diese nicht zu eigen. Weiheämter für Frauen, etwa als Diakoninnen, lehnt er indirekt ab. Auf die von der Synode vorgeschlagene Lockerung der Zölibatspflicht für katholische Priester in Gegenden mit eklatantem Priestermangel geht er nicht ein.
Franziskus habe in seinem Schreiben „keine Türen zugeschlagen“ für weitere Reformdebatten wie den Synodalen Weg in Deutschland, sagte Marx: „Ich sehe nicht, dass eine Diskussion abgeschlossen ist.“ Zugleich rief er dazu auf, das Papier nicht nur auf die Frage nach dem Zölibat oder der Rolle von Frauen hin zu lesen. Dem Papst gehe es mit Blick auf die Amazonas-Region um Umweltschutz, die Belange der indigenen Bevölkerung und eine ganzheitliche Entwicklung: „Eine rein kapitalistisch orientierte Wirtschaftsweise führt nicht zu dem Ziel, was der Papst nennt.“
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, bedauerte „fehlenden Mut zu echten Reformen“. Dennoch ermutigten die Worte des Papstes die Katholiken in Deutschland, ihre Reformdebatten beim Synodalen Weg, „den wir in Frankfurt sehr erfolgreich begonnen haben, konsequent fortzusetzen“.
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger bezeichnete die Zulassung bewährter Laien zu Gemeindeleitern als „wichtigen Schritt“. Er begrüßte zudem, dass sich der Papst gegen Ungerechtigkeit und Verbrechen wende, die Mensch und Natur in Amazonien noch immer zugefügt würden. Burger ist Beauftragter für das Hilfswerk Misereor in der Bischofskonferenz.
Nach Einschätzung des Rottenburg-Stuttgarter Bischofs Gebhard Fürst wird das Schreiben „eine große Wirkung auf den Erhalt der Natur und die Rechte der indigenen Völker in Amazonien“ haben. Den dramatischen Konsequenzen des Klimawandels zu begegnen, sei die zentrale Herausforderung der Zeit. Darüber hinaus werde der Raum für neue Diskussionen eröffnet. Den Diakonat der Frau sieht Fürst nach eigenen Worten weiter als „erstrebenswerte Möglichkeit“ an, für die er sich auch in Zukunft einsetzen werde.
Von einer „Riesenenttäuschung“ sprach unterdessen der Theologe Daniel Bogner. „Der Papst wiederholt lediglich die alte Lehre, nur ein männlicher Priester könne Christus repräsentieren. Frauen hingegen werden auf ihre bewundernswerte Hingabe und ihren leidenschaftlichen Glauben reduziert“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag).
Die Frauenbewegung Maria 2.0 warf der katholischen Kirche vor, reformunfähig zu sein. Wer auf ein Symbol des Aufbruchs und der Erneuerung gehofft habe, „muss dieser Kirche wohl enttäuscht den Rücken kehren“, schrieb die Protestinitiative katholischer Frauen auf ihrer Facebook-Seite.
Die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) erklärte, das Dokument sei „Ermutigung und Ernüchterung zugleich“. Die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern müsse beim Synodalen Weg weiter diskutiert werden, sagte KLJB-Bundesseelsorgerin Carola Lutz.
Die Amazonas-Syode tagte vom 6. bis 27. Oktober im Vatikan. Bei dem Bischofstreffen ging es unter anderem um ökologische und soziale Folgen des Raubbaus in der ressourcenreichen Region, die Stärkung der indigenen Bevölkerung und um neue Wege in der Seelsorge.