Berlin – Die Bundesregierung hat die Lockerung der Beschränkungen für die Religionsgemeinschaften im Blick. In den kommenden Tagen solle ein Konzept erarbeitet werden, wie die „schrittweise Öffnung des religiösen Lebens“ möglich sein könne, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag in Berlin. Dabei sollen neben den Religionsgemeinschaften und dem Bund auch die Länder beteiligt werden. Eine „maßvolle Öffnung“ könne aber nur gelingen, wenn sich die Menschen an die bestehenden Regeln hielten, so der Sprecher. Bislang hätten alle Religionsgemeinschaften viel Verständnis aufgebracht. Mit Blick auf den bevorstehenden Fastenmonat Ramadan sagte er, auch in der muslimischen Community funktioniere das bislang gut. Der Ramadan müsse natürlich in diesem Jahr anders begangen werden.
Man strebe bei der Öffnung des religiösen Lebens eine möglichst einheitliche Lösung in den verschiedenen Bundesländern an. Für Einzelheiten sei es zu früh. Bei der nächsten Schaltkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten am 30. April würden das religiöse Leben und mögliche Lockerungen sicher Thema sein. Zuvor hatte im Bundesinnenministerium ein Gespräch mit Vertretern der Religionsgemeinschaften stattgefunden.
Bund und Länder hatten sich bislang nicht auf Lockerungen einigen können. Vor allem die katholische Kirche zeigte sich darüber sehr enttäuscht. Papst Franziskus warnte vor den Folgen von Gottesdienst-Verboten. Wörtlich sprach er von einer „Gefahr“, wenn religiöse Kommunikation nur über Medien stattfinde. Auch Ministerpräsidenten haben sich inzwischen dazu zu Wort gemeldet. Nach Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte sich Thüringens Bodo Ramelow (Linke) ebenfalls für Lockerungen stark.
Das stille Kämmerlein reiche zur Ausübung der Religionsfreiheit nicht aus, sagte Ramelow bei Zeit Online. Gottesdienste und auch Demonstrationen benötigten die sichtbare Manifestation. Die Kirchengemeinden müssten für ihre Gottesdienste die Zahl der Menschen im Verhältnis zur Fläche und den Sitzplätzen begrenzen, erläuterte der Ministerpräsident. In vielen Regionen seien die Kirchen groß genug dafür. Zudem sei es notwendig, zu differenzieren, welche religiösen Riten mit dem Infektionsschutz vereinbar seien und welche nicht: „Das gemeinschaftliche Gebet braucht keine persönliche Berührung, ist also unproblematisch.“
Bereits am Donnerstagabend hatte Laschet angekündigt, dass Landesregierung und Glaubensgemeinschaften in Nordrhein-Westfalen gemeinsam einen Weg aufzeigen wollten, unter welchen Bedingungen öffentliche Gottesdienste in Zukunft wieder möglich sein können.
Auch der Göttinger Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig forderte von der Politik, bei der Lockerung der Coronavirus-Einschränkungen stärker die Einschränkungen der Grundrechte in Frage zu stellen. „In dem Moment, wo Herren-Boutiquen wieder geöffnet werden, ist es schwer darstellbar, dass selbst mit größten Schutzmaßnahmen keine gottesdienstlichen Versammlungen mehr stattfinden dürfen“, sagte der Kirchen- und Verfassungsrechtler im Deutschlandfunk.