Berlin/Rom – Italiens Premier Paolo Conte will im Rahmen der vorsichtigen Lockerung des Corona-Lockdowns in Italien auch über das bestehende Gottesdienst-Verbot nachdenken. „Wir haben den zuständigen Ausschuss gebeten, neue Regeln für religiöse Zeremonien auszuarbeiten“, sagte Conte in einem Interview der Zeitungen „Welt“ und „La Repubblica“ (Dienstag).
„Wir hoffen, damit den Bedürfnissen der Gläubigen entsprechen zu können“, so Conte weiter. Was ich persönlich als besonders schmerzlich empfunden habe, ist der Verzicht auf Beerdigungen. Sie sind eine letzte Geste der Erinnerung und der Zuneigung gegenüber geliebten Menschen, die uns verlassen.“
Das von der Pandemie besonders betroffene Italien will ab 4. Mai erste Lockerungen der sehr strikten Bestimmungen im Kampf gegen Corona vornehmen.Zuvor hatte Italiens Regierung hat mit dem Ausschluss der Kirchen von ersten Lockerungen in der Corona-Krise die katholischen Bischöfe gegen sich aufgebracht.
Nachdem der Plan für eine schrittweise Wiederaufnahme des öffentlichen Lebens zwar die Öffnung von Geschäften und Restaurants, aber keine Gemeindegottesdienste vorsieht, sprach die Italienische Bischofskonferenz von einer nicht hinnehmbaren Einschränkung der Kultfreiheit. Ministerpräsident Giuseppe Conte kündigte noch am Sonntagabend eine neue Prüfung an. Auch von der Evangelischen Kirche in Italien gab es Kritik.
Nach dem von Conte am Sonntagabend vorgestellten Zeitplan sollen in Italien ab dem 4. Mai Verwandtenbesuche unter Schutzvorkehrungen möglich sein. Ab dem 18. Mai dürfen Einzelhandelsgeschäfte und Museen öffnen, ab dem 1. Juni auch Bars, Restaurants und Friseursalons. Beerdigungsfeiern sind ab dem 4. Mai mit bis zu 15 nahen Angehörigen und ebenfalls mit Sicherheitsabstand und Schutzkleidung erlaubt. Gemeinschaftliche Gottesdienste bleiben bis auf weiteres verboten.
Die Italienische Bischofskonferenz äußerte sich in einer ersten Stellungnahme am Sonntagabend verärgert. Die Regierung und die sie beratenden Experten sollten zwischen ihrer Verantwortung für den Gesundheitsschutz und der Zuständigkeit der Kirche unterscheiden. Diese müsse das religiöse Leben „unter Beachtung der angeordneten Maßnahmen, aber in voller Autonomie“ gestalten können.
Weiter betonten die Bischöfe, Innenministerin Luciana Lamorgese habe noch am 23. April eine „weitestgehende Ausübung der Kultfreiheit“ in Aussicht gestellt. In bilateralen Gesprächen habe die katholische Kirche Einschränkungen seitens der Regierung hingenommen, aber deutlich gemacht, dass man bei einer allgemeinen Lockerung auch die seelsorglichen Aktivitäten wieder aufnehmen wolle.
Die jetzigen Verfügungen schlössen „willkürlich“ die Messfeier mit Gläubigen aus, so die Bischofskonferenz. „Allen sollte klar sein, dass der in diesem Notstand so wichtige Einsatz im Dienst für die Armen einem Glauben entspringt, der sich an seinen Quellen nähren können muss, besonders dem sakramentalen Leben“, hieß es.
Das Büro des Ministerpräsidenten teilte noch am selben Abend mit, man nehme die Stellungnahme der Bischöfe zur Kenntnis. In den kommenden Tagen werde man ein Protokoll prüfen, das eine Teilnahme von Gläubigen an Gottesdiensten „unter Bedingungen größtmöglicher Sicherheit“ und so bald wie möglich gestatten solle.
Auch die Evangelische Kirche in Italien bekräftigte ihre Forderung nach freier Ausübung der Kultfreiheit unter Wahrung aller Schutzvorschriften. Dabei gelte es, spezifische Bedürfnisse der kleinen Glaubensgemeinschaften zu berücksichtigen, betonte der Vorsitzende des Bundes der evangelischen Kirchen, Luca Negro, am Montag. So müssten evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer reisen dürfen, um ihre Gemeinden zu erreichen. Auch Gläubigen müsse es gestattet sein, einen Gottesdienstort aufzusuchen.