Köln – Die Absage des Vatikan zu gegenseitigen Einladungen zu Abendmahlen von Katholiken und Protestanten ist aus Sicht des Direktors der Evangelischen Akademie Frankfurt, Thorsten Latzel, enttäuschend. Das theologisch begründete Nein sei „ziemlich pauschal“, kritisierte Latzel am Dienstag im Deutschlandfunk.
„Wir berauben uns hier einer Gemeinschaftserfahrung.“ Ein gemeinsames Mahl wäre laut Latzel auch ein „wichtiges Gut“ für konfessionsverbindende Ehen. Wenn man sich die Mahlpraxis von Jesus anschaue, werde deutlich, dass er auf „skandalöse Weise“ die Grenzen ausgeweitet habe hinsichtlich der Menschen, mit denen er gegessen habe.
Keine Grundlage für „individuelle Gewissensentscheidung“
Aus Sicht des Vatikan sind die Unterschiede im Eucharistie- und Amtsverständnis „noch so gewichtig“, dass sie eine Teilnahme katholischer und evangelischer Christen an der Feier der jeweils anderen Konfession derzeit ausschließen. Auch für eine „individuelle Gewissensentscheidung“ gebe es keine Grundlage, heißt es in dem Schreiben der Glaubenskongregation an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.
Die oberste katholische Glaubensbehörde äußert damit Einwände gegen ein gemeinsames Votum des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) zur wechselseitigen Teilnahme an Abendmahl und Eucharistie. Deren Text vom vergangenen September, den auch Bätzing mitverantwortete, sollte zur Überwindung einer langjährigen Blockade beitragen. Bätzing hatte unlängst angekündigt, dieses Modell werde auch beim Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) in Frankfurt im kommenden Jahr Anwendung finden.
Bischöfe hatten das Votum des Ökumenischen Arbeitskreises diskutiert
Tätig wurde die Glaubenskongregation nach eigenen Angaben, nachdem die Bischofskongregation in Rom ihr am 20. Mai den Text „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ zur Beurteilung zugesandt hatte. Zuvor hatten die deutschen katholischen Bischöfe auf ihrer Frühjahrsvollversammlung und die Ökumenekommission der Bischofskonferenz das Votum des Ökumenischen Arbeitskreises diskutiert.
In dem Text „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ gehe es um „versöhnte Verschiedenheit“ und „Einheit in Vielfalt“, sagte Latzel. Der ÖAK vertrete den Standpunkt: „Wir sind eine Gemeinschaft im Werden.“ Auch gebe es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Gläubigen gemeinschaftlich eingeladen seien am Tisch des Herrn, oder ob es die Kirche sei, die einlade und bestimme, wer am Tisch sitzen dürfe. Latzel sagte, man solle keinen Punkt da setzen, wo Jesus ein Komma setze.