Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) hat die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln erneut kritisiert.
Bonn – Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) hat die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln erneut kritisiert. Zwar spreche Kardinal Rainer Maria Woelki inzwischen „endlich einmal von sich selbst“, sagte Thomas Sternberg am Samstag in einem Interview des Deutschlandfunks. Es stelle sich aber die Frage, ob dies nicht zu spät komme. „Der katastrophale Umgang in der Kommunikation und auch im Gebaren des Kardinals“ habe für große Verärgerung gesorgt, die sich möglicherweise nicht mehr einfangen lasse.
Woelki äußert sich zu persönlicher Verantwortung
Woelki steht unter öffentlichem Druck, weil er eine bei der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) in Auftrag gegebene Untersuchung über den Umgang aktueller und früherer Bistumsleitungen mit Fällen sexualisierter Gewalt nicht zur Veröffentlichung freigibt. Dabei beruft er sich auf andere Juristen, nach deren Einschätzung das Papier „methodische Mängel“ hat. Der von ihm neu beauftragte Strafrechtler Björn Gercke soll am 18. März ein Gutachten über das Verhalten der Bistumsverantwortlichen vorlegen.
In einem Interview der „Rheinischen Post“ (Samstag) räumte der Kardinal erneut Fehlverhalten ein. Zugleich schloss er persönliche Konsequenzen nicht aus. „Die Übernahme von Verantwortung, die ich von allen anderen verlange, werde ich auch mir abverlangen“, sagte er auf die Frage, ob er möglicherweise als Erzbischof zurücktrete, wenn ihm das neu in Auftrag gegebene Gutachten ein pflichtwidriges Verhalten attestiere.
Sternberg: Auch Laien müssten sich stärker hinterfragen
Der Umgang mit Missbrauchsfällen war auch Thema einer Online-Konferenz des Synodalen Wegs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland am Donnerstag und Freitag. Auch hier hatte Woelki bereits in einer persönlichen Einlassung Fehler bei der Aufarbeitung von Missbrauch in seinem Erzbistum bedauert. Erstmals sprachen auf dem vor einem Jahr von den deutschen Bischöfen und dem ZdK gestarteten Dialog Betroffene von Missbrauch. Sternberg sprach am Samstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) von einem „wirklich sehr eindrucksvollen und wichtigen Auftritt“ von Johanna Beck, Johannes Norpoth und Kai Christian Moritz. Sie bilden das Sprecherteam des Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz.
Auf die Frage, warum Betroffene erst jetzt am Synodalen Weg beteiligt würden, antwortete Sternberg, dass sich das Gremium erst vor kurzem gegründet habe. Opfer von Missbrauch seien zwar auch vorher schon bekannt gewesen. „Aber die Frage war, wen man für eine solche Aufgabe aus dem Kreis der Betroffenen wirklich ansprechen und wer da auch eine gewisse Vertretungsfunktion übernehmen konnte. Jetzt haben wir ein Gremium, bei dem das funktioniert.“
Zugleich sagte Sternberg, dass sich auch Laien stärker hinterfragen müssten: „Wo hat es bei uns, in unseren Verbänden, Missbrauch gegeben – oder das, was neuerdings ‚Co-Klerikalismus‘ genannt wird. Also Fälle, in denen Gemeinden Priester stützten, von denen sie wussten, dass sie Missbrauch begangen haben.“ Er betonte aber auch: „Wir haben nicht die Aufgabe, die Aufarbeitung des Missbrauchs von Geistlichen zu betreiben. Das ist Aufgabe der Bischöfe, und wir begleiten sie kritisch dabei.“