Der Historiker Martin Kaufhold sieht die katholische Kirche in Deutschland angesichts nicht abreißender Skandale in ihrer Existenz bedroht
Augsburg – Der Historiker Martin Kaufhold sieht die katholische Kirche in Deutschland angesichts nicht abreißender Skandale in ihrer Existenz bedroht. „Wenn es so weitergeht, würde ich der katholischen Kirche als Institution in Deutschland in dieser Form noch etwa 20 Jahre geben“, sagte der Augsburger Geschichts-Professor und Experte für Epochenwandel der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag). Das Verhalten des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki könnte Kaufhold zufolge den Niedergang der Kirche beschleunigen.
„Er verkörpert dieses problematische Priesterbild geradezu idealtypisch“, sagte der Historiker. „Selbst in jenen raren Momenten, in denen er sich zu seiner Verantwortung bekannt hat, blieb er unglaubwürdig“, sagte der Historiker, der selbst Katholik ist. Er legte Woelki den Rücktritt nahe: „Durch sein Handeln gerät einmal mehr die Glaubwürdigkeit der ganzen katholischen Kirche ins Wanken, und das ist nicht mehr gutzumachen.“
Historisch betrachtet, sei die Kirche bereits an das Ende einer gut tausendjährigen Phase in der Geschichte der katholischen Christenheit gekommen, die in der Zeit des Investiturstreits im 11. Jahrhundert begonnen habe, so der Historiker. Damals hätten Päpste und Könige um die Führung der Christenheit gekämpft – mit dem Ergebnis, dass dem katholischen Klerus eine Sonderrolle als alleiniger Vermittler göttlicher Gnade zugeschrieben worden sei. Diese Sonderrolle werde Klerikern heute nicht mehr ohne Weiteres zugestanden, sagte Kaufhold.