Die Sozialpädagogin und Psychotherapeutin Helen Heinemann beobachtet während der Corona-Pandemie neue Formen von Erschöpfung.
München – Die Sozialpädagogin und Psychotherapeutin Helen Heinemann beobachtet während der Corona-Pandemie neue Formen von Erschöpfung. Sie komme „vielleicht gar nicht von der Menge an Arbeit, die jetzt mehrgleisig bewältigt werden muss“, sagte Heinemann im Interview der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Vielmehr hätten sich Strukturen verändert.
Heinemann Menschen fehle die Anerkennung
So fehle vielen Menschen die Anerkennung, die im Büro bisweilen durch Kleinigkeiten erlebt werde: etwa durch einen Blickkontakt oder weil man Freude mit Kollegen teile. Viele brächten momentan vermehrten Einsatz, die entsprechene Wertschätzung bleibe aber aus. „Dazu kommt, dass viele Vorgesetzte nicht einverstanden sind mit der Home-Office-Situation“, kritisierte die Expertin. Bisweilen seien auch die Bedingungen erschwert, etwa durch eine schlechte Internetverbindung oder mangelhafte Büroausstattung, Enge oder Lärm. „Da kommt einiges zusamen.“
Unter „Arbeit“ stellten sich viele Menschen weiterhin jemanden im Blaumann vor, „etwas dreckig und verschwitzt“, erklärte die Gründerin des Instituts für Burnout-Prävention in Hamburg und der Heinemann-Akademie für Stressmanagement. „Die meisten von uns sehen abends jedoch genauso aus wie morgens auf dem Weg zur Arbeit“. Die Erschöpfung finde gesellschaftliche Anerkennung, weil mit ihr der Eindruck verbunden sei, „etwas geleistet und zu Recht sein Geld verdient zu haben“. Wer allerdings den Fokus zu sehr auf die Arbeit richte, verliere das Gefühl für sich selbst. – Heinemanns Buch „Irgendwas muss anders werden! Neue Wege aus der Erschöpfung“ ist soeben erschienen.