Köln – Über ihre Kritik an der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln hat eine Priestergruppe mit Kardinal Rainer Maria Woelki gesprochen. Das Online-Treffen am Dienstag habe unterschiedliche Positionen und Sichtweisen herausgestellt und sei „ohne ein konkretes Ergebnis“ geendet, teilte die Gruppe von 34 Pfarrern am Donnerstag mit. An dem Gespräch hätten coronabedingt nur sieben der Priester sowie außer Woelki Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und Personalchef Mike Kolb teilgenommen. Ende Januar war ein Brandbrief der 34 Pfarrer an Woelki bekannt geworden.
Die Pfarrer teilten nun mit, sie hätten in dem „offen geführten Gespräch“ ihr Unverständnis darüber geäußert, dass die Verantwortlichen im Erzbistum zu lange tatenlos zugesehen hätten, wie unzählige in Gemeinden engagierte Christen ihren Kirchenaustritt erklärten. Jüngste Versuche, proaktiv zu den öffentlich geäußerten Kritikpunkten an der Missbrauchsaufarbeitung Stellung zu beziehen, seien viel zu spät gekommen. Dadurch sei viel Vertrauen verspielt worden.
Verschwiegenheitserklärung unprofessionell
Weiter kritisierten die Priester, dass ein erstes Gutachten zum Umgang der Bistumsspitze mit Fällen sexualisierter Gewalt wegen methodischer und äußerungsrechtlicher Mängel zurückgehalten und ein Gegengutachten in Auftrag gegeben wurde, ohne dass die Verfasser der ersten Untersuchung dazu hätten Stellung beziehen können. Dass sich eine beklagte Partei zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen nicht äußern dürfe, könne nicht nachvollzogen werden, so die Geistlichen.
Unprofessionell war nach Ansicht der Pfarrer, die Presse zu einer Verschwiegenheitserklärung aufzufordern, nachdem ihnen die Einsichtnahme in das Erstgutachten gewährt werden sollte. Insgesamt sei die Kommunikation des Erzbistums in den letzten Monaten „desaströs“ gewesen.
Moralische und systemische Verantwortung übernehmen
„Unabhängig von einer juristischen Aufarbeitung erwarten wir die Übernahme moralischer und systemischer Verantwortung“, erklärte Pfarrer Meinrad Funke, Mitverfasser des Briefes. Die Redlichkeit der Bistumsleitung und ihr Wille zu ehrlicher Aufarbeitung sei daran zu messen, welche ersten Konsequenzen im Anschluss an die Veröffentlichung der beiden in Auftrag gegebenen Gutachten gezogen werden.
Woelki hatte Ende Oktober die geplante Veröffentlichung eines Gutachtens der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) abgesagt. Der Kölner Strafrechtler Björn Gercke soll bis 18. März eine neue Untersuchung vorlegen. Danach sollen interessierte Personen auch Einblick in die WSW-Expertise nehmen können.