Kardinal Marx verzichtet auf Bundesverdienstkreuz

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx (67) will das Bundesverdienstkreuz nicht in Empfang nehmenKardinal Marx verzichtet auf Bundesverdienstkreuz
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx (67) will das Bundesverdienstkreuz nicht in Empfang nehmen

Reinhard Kardinal Marx (Foto: Wolfgang Roucka/Erzbischöfliches Ordinariat München [CC BY-SA 3.0/Wikimedia])

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx (67) will das Bundesverdienstkreuz nicht in Empfang nehmen. In einem Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bat Marx am Dienstag, auf die für Freitag in Schloss Bellevue geplante Auszeichnung zu verzichten. Dies sei mit Rücksicht auf diejenigen, die daran Anstoß nähmen, der richtige Schritt.

Missbrauchsbetroffene aus Köln und aus Trier hatten die Ehrung mit Blick auf die nicht aufgearbeitete Rolle von Marx in mehreren Missbrauchsfällen kritisiert.“Die Kritik, die nun von Menschen geäußert wird, die von sexuellem Missbrauch im Raum der Kirche betroffen sind, nehme ich sehr ernst, unabhängig von der Richtigkeit der einzelnen Aussagen in Offenen Briefen und in der medialen Öffentlichkeit“, schreibt Marx nach Angaben seiner Pressestelle. Er fühle sich persönlich und auch als Amtsträger der Kirche der Aufarbeitung verpflichtet.

Missbrauchsbetroffene begrüßen Marx‘ Verzicht

Missbrauchsbetroffene begrüßen die Ankündigung des Münchner Kardinals Reinhard Marx (67), auf die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes verzichten zu wollen. Der Verein Missbit aus dem Bistum Trier nannte Marx‘ Entschluss die „einzig richtige Möglichkeit“. Die Ankündigung, auf die Ehrung zu verzichten, zeige, dass Marx die Kritik sehr ernst nehme, sagte Missbit-Sprecher Hermann Schell. Zugleich störe ihn, dass der Münchner Erzbischof und früherer Bischof von Trier inhaltlich nicht weiter Position zu den von Betroffenen geäußerten Kritikpunkten beziehe.

Auch der Sprecher der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, begrüßte die Entscheidung des früheren Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. „Respekt!“, kommentierte Katsch auf Twitter. Er selbst war im April gemeinsam mit dem Jesuitenpater Klaus Mertes mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt worden.

Kritik am Umgang mit Missbrauchsbetroffenen

Zuvor hatten auch Missbrauchsbetroffene im Bistum Trier kritisieren die für Freitag geplante Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Münchner Kardinal Reinhard Marx kritisiert. „Diese Auszeichnung ist eine herausgehobene Ehre, für die das gesamte Wirken des zu Ehrenden in den Blick genommen werden sollte“, sagte der Sprecher des Vereins Missbit, Hermann Schell, am Dienstag. Aus Sicht von Missbit entspricht das Verhalten des früheren Trierer Bischofs im Umgang mit sexuellem Missbrauch nicht dem mit der Ehrung verbundenen Vorbildcharakter. Schell forderte Marx daher auf, auf die Auszeichnung zu verzichten.

Missbit kritisiert vor allem Marx‘ Verhalten im Umgang mit Missbrauchsbetroffenen und beschuldigten Priestern in seiner Zeit als Bischof von Trier (2002 – 2008). In dieser Zeit habe Marx dazu beigetragen, Täter zu schützen, Gespräche mit Betroffenen zu verweigern, Menschen einzuschüchtern und Missbrauch zu verharmlosen, heißt es in einer am Montag veröffentlichen Erklärung. Als Beispiele nennt der Verein Fälle in Freisen, Köllerbach sowie den zuletzt bekannt gewordenen Fall einer erwachsenen Frau, die unter dem Pseudonym Karin Weißenfels von geistlichem Missbrauch durch Priester und nachsichtigem Verhalten des damaligen Bischofs Marx berichtete.

Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen

Problematisch sei, dass die Ehrung verliehen werde, obwohl der Prozess der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch noch nicht abgeschlossen sei, betonte Missbit. Sollte das Bundesverdienstkreuz am Freitag verliehen werden, „muss man damit rechnen, es in wenigen Jahren nach den Ergebnissen der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und ihrer strukturellen Begünstigung durch Amtsträger wieder aberkennen zu müssen“, so der Verein. Im Bistum Trier wurde die institutionelle Aufarbeitung von Missbrauch mit Experten und Betroffenen 2020 angestoßen, die geplante Kommission hat ihre Arbeit aber noch nicht begonnen. Experten rechnen damit, dass es auch in Trier Fehler im Umgang mit Missbrauch gab.

So sprach der Strafrechtler Björn Gercke, der für das Erzbistum Köln ein Gutachten erstellte, davon, in den Akten auch Bezüge zum Bistum Trier gefunden zu haben, die auf Pflichtverletzungen hindeuteten. Ähnliche Kritik an der geplanten Ehrung hatte am Wochenende der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln geäußert. Das Bundespräsidialamt hält an der Verleihung fest. Marx habe sich als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz von 2014 bis 2020 besonders für Gerechtigkeit und Solidarität in der Gesellschaft engagiert.

kna