Missbrauchsbetroffene kritisiert evangelische Kirche

Eine Angehörige des Betroffenenbeirats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katharina Kracht, hat ihre Kritik an der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in evangelischen Landeskirchen erneuert.Missbrauchsbetroffene kritisiert evangelische Kirche

Eine Angehörige des Betroffenenbeirats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katharina Kracht, hat ihre Kritik an der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in evangelischen Landeskirchen erneuert. Die öffentlich genannte Zahl von 900 dokumentierten Missbrauchsfällen sei „nicht einmal die Spitze des Eisberges“, sagte Kracht der „Kölnischen/Bonner Rundschau“ (Samstag).

Über ihre eigenen Missbrauchserfahrungen sagte sie, der betreffende Pfarrer habe systematisch sexuelle Beziehungen zu minderjährigen Mädchen gesucht. In einer früheren Einsatzgemeinde hätten Kirchenvorsteherinnen „nur abgewiegelt“, als sich Betroffene an sie gewendet hätten. In ihrer ehemaligen Gemeinde sei das Verhalten des Pfarrers bekannt gewesen, er sei lediglich nach zehn Jahren nicht im Amt bestätigt worden.

Kirche kann sich nicht sozusagen selber aufarbeiten

Die evangelische Kirche müsse „aufhören, immer nur mit dem Finger auf die Katholiken zu zeigen“, sagte Kracht. Die katholische Kirche stehe zu Recht in der Kritik. „Und die evangelische Kirche steht zu Unrecht nicht in der Kritik.“ Bei der Aufarbeitung liege sie weit zurück. „Die Kirche kann sich nicht sozusagen selber aufarbeiten“, betonte Kracht und forderte eine unabhängige Ombudsstelle, die nicht mit Mitarbeitern der Kirche besetzt sein solle. Zudem forderte sie eine deutlich bessere Ausstattung des Betroffenenbeirats, der professionelle juristische Beratung brauche.

Der Betroffenenbeirat, der im Herbst 2020 eingerichtet wurde, äußerte sich schon mehrfach kritisch zum Stand der Aufarbeitung in der EKD. Dennoch böte das Gremium eine „einmalige Chance“, die Aufarbeitung von Missbrauch weiter voranzutreiben, erklärten die Mitglieder im Frühjahr.

kna