Am Pfingstfest haben die deutschen Bischöfe zu weiterer Solidarität aufgerufen. Die Corona-Krise sei deshalb so bedrohlich.
Bonn – Am Pfingstfest haben die deutschen Bischöfe zu weiterer Solidarität aufgerufen. Die Corona-Krise sei deshalb so bedrohlich, „weil das Selbstverständlichste der Welt betroffen ist, nämlich das Atmen“, schreibt der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, in einem Gastbeitrag für den „Mannheimer Morgen“. Atmen schaffe Freiheit, gebe Energie und Mut. Dessen solle man sich bewusst werden und dafür danken.
„Atem Gottes“ sei nicht zufällig eine der ältesten Metaphern für den Heiligen Geist. Er sei „die göttliche Lebenskraft, die alles erfüllt und verbindet“, so der Limburger Bischof. „Nie zuvor ist mir die Metapher vom Atem Gottes für den Heiligen Geist so nah, so tröstlich gewesen wie jetzt in der Pandemie“, schreibt Bätzing. „Und noch nie hat es mich innerlich so gedrängt, zu beten und zu flehen, der Atem Gottes möge kommen und unsere Welt und jeden Menschen erfassen.“ Pfingsten ist für Christen das Fest des Heiligen Geistes und gilt als Geburtsfest der Kirche. Damit endet die 50-tägige Osterzeit.
Auch der Speyerer Weihbischof Otto Georgens lobte den Wert des Atems. „Atem versinnbildlicht Leben, Atem ist Leben“, sagte Georgens im Speyerer Dom. Der Atem transportiere mehr als Luft. „Er transportiert Worte, Gefühle und das warme Leben, wie es aus dem Leib des Menschen strömt.“
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, die Pandemie habe der Gesellschaft ihre Grenzen aufgezeigt. Die Erfahrung habe das Lebensgefühl der Menschen erschüttert und ihr Weltverständnis infrage gestellt, sagte er am Freitag in Hannover. „Für mich ist der Pfingstgeist in diesem Jahr kein Geist enthusiastischer religiöser Erfahrungen, sondern ein Geist der Nachdenklichkeit, ein Geist des Trostes und auch ein Geist der Zuversicht“, so der bayerische Landesbischof. Eine neue Nachdenklichkeit könne der erste Schritt sein „zu einem guten Leben in den Grenzen, die Gott uns aus Liebe gegeben hat“.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick beklagte unterdessen, es fehle ein moralischer Kompass in der Pandemie. Als Beispiele verwies er auf Impfdrängler und Maskenaffäre. Auch bei der Verteilung der Impfstoffe weltweit dürften die reichen Länder nicht zu kollektiven Impfdränglern werden und die armen Länder abhängen. Der Heilige Geist erinnere an diese Richtschnur, die in dieser Zeit so sehr vermisst werde.
Die baden-württembergischen Bischöfe riefen „nach 16 Monaten Unsicherheit und Angst“ gemeinsam dazu auf, „die neue Gegenwart zu gestalten“. Es gelte, Leid, Trauer und Angst zu verarbeiten und Gutes entstehen zu lassen, so die beiden evangelischen Landesbischöfe Frank Otfried July aus Württemberg und Jochen Cornelius-Bundschuh aus Baden sowie der katholische Erzbischof Stephan Burger aus Freiburg und Bischof Gebhard Fürst aus Württemberg in einem Wort zu Pfingsten. Das Fest gebe Grund zur Hoffnung, dass Gott einen neuen Aufbruch schenke, so die Bischöfe.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki warb für eine neue Sprache im Miteinander, „durch die wir einander wirklich hören und verstehen“. Gegenseitige Verachtung müsse überwunden werden, sagte er dem Kölner Portal domradio.de. „Das ist nur möglich, wenn wir uns durch den Heiligen Geist, den Geist der Liebe und Versöhnung erneuern lassen.“ Er habe den Eindruck, dass die Gesellschaft immer mehr auseinanderdrifte, so Woelki. Durch Hasstiraden entstünden „fast schon eigene Kulturen, die sich in ihrer Bubble abschotten und unter dem Radar der gesellschaftlichen Gemeinschaft fliegen“.