Rote Karte für Kardinal Woelki

Rund 100 Protestierende einer katholischen Kirchengemeinde in Düsseldorf haben dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki buchstäblich die Rote Karte gezeigt. Rote Karte für Kardinal Woelki.
Düsseldorf–  Rund 60 Protestierende einer katholischen Kirchengemeinde in Düsseldorf haben dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki buchstäblich die Rote Karte gezeigt. Die Männer und Frauen machten am Donnerstagabend vor der Kirche Sankt Maria vom Frieden im Düsseldorfer Osten ihrem Unmut Luft über die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln. Woelki führte in dem Gotteshaus ein Gespräch mit Vertretern der Gemeinde Sankt Margareta, zu der die Kirche Sankt Maria vom Frieden gehört. Als sich Woelki dem Gebäude näherte, streckten ihm die Protestierenden Rote Karten entgegen.

Protestaktion Rote Karte. Demonstranten halten am 27. Mai 2021 vor der Kirche Sankt Maria vom Frieden in Düsseldorf rote Zettel empor und zeigen Kardinal Rainer Maria Woelki (m. l.) symbolisch die Rote Karte. –Foto: KNA

Rund 100 Protestierende einer katholischen Kirchengemeinde in Düsseldorf haben dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki buchstäblich die Rote Karte gezeigt. Die Männer und Frauen machten am Donnerstagabend vor der Kirche Sankt Maria vom Frieden im Düsseldorfer Osten ihrem Unmut Luft über die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln. Woelki führte in dem Gotteshaus ein Gespräch mit Vertretern der Gemeinde Sankt Margareta, zu der die Kirche Sankt Maria vom Frieden gehört. Als sich Woelki dem Gebäude näherte, streckten ihm die Protestierenden Rote Karten entgegen.

Offener Brief mehrerer Gemeindemitglieder

„Anlass des Gesprächs ist ein nicht öffentlicher Brief, den einige Mitglieder aus dem Pfarrgemeinderat, dem Kirchenvorstand und den betroffenen Ortsausschüssen dem Kardinal Woelki nach Bekanntwerden des Falls O. geschickt hatten. Dieses Gespräch wurde vom Pfarrgemeinderat – entgegen anderslautender Presseberichte – terminlich vor die Firmung gelegt, um eine Aussprache im Vorfeld zu ermöglichen“, betont Pfarrer Oliver Boss in einer Stellungnahme der Pfarrei.

„Wir machen hier unseren Unmut darüber deutlich, dass Kardinal Woelki weiterhin an der Firmung festhalten will“, Peter Barzel einer der Mitinitatoren. „Wir hatten ihn gebeten, von der Firmung zurückzutreten und jemand anderen dafür zu schicken.“ Die Gemeindemitglieder hätten unabhängig von der Firmung mit Woelki über das Thema Missbrauch sprechen wollen. „Ein halbes Jahr haben wir auf einen Terminvorschlag gewartet“, sagte Barzel. „Erst jetzt, nachdem wir ihn aufgefordert hatten, von der Firmung abzusehen, und nachdem mit Pfarrer D. ein zweiter Fall öffentlich wurde, war plötzlich dieser Termin möglich.“

Entscheidung über Firmung noch nicht gefallen

Nach dem mehr als zweistündigen Gespräch äußerte sich der Kardinal nicht öffentlich. Pfarrer Oliver Boss sprach im WDR von einem guten Austausch. Man habe sehr offen und auch kontrovers diskutiert. Ob Woelki am 9. Juni zur Firmung komme, sei noch nicht entschieden. Da habe sich der Kardinal noch nicht festgelegt, sagte Boss.

In dem offenen Brief, den die Pfarrei inzwischen auch auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat, fordern die 140 Unterzeichnenden fordern Woelki auf, eine anstehende Firmung in Sankt Margareta Anfang Juni nicht persönlich zu spenden, sondern einen Vertreter zu schicken. Wegen der Missbrauchsaufarbeitung halten die Absender den Kardinal für unglaubwürdig. Zu ihnen gehören unter anderem Mitglieder der Initiative Maria 2.0 sowie die frühere Düsseldorfer Bürgermeisterin und FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Vorwürfe gegen zwei Priester

Seit mehr als einem Jahr wird im Erzbistum Köln um die öffentliche Aufarbeitung früherer Fälle sexuellen Missbrauchs durch Geistliche gerungen. Dabei geht es auch darum, Verantwortliche zu benennen, die Missbrauchstäter geschützt und Verbrechen vertuscht haben. Ein erstes Gutachten dazu hatte Woelki nicht veröffentlichen lassen, weil er es für fehlerhaft und nicht rechtssicher hält. In einem zweiten Gutachten, das im März veröffentlicht wurde, weisen Juristen um den Strafrechtler Björn Gercke hohen Amtsträgern im Erzbistum Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen nach. Woelki selbst wird durch den Gercke-Report entlastet.

In Sankt Margareta waren zwei der Priester tätig, gegen die zuletzt Vorwürfe laut geworden waren. Pfarrer D., den Woelki 2017 trotz des Vorwurfs sexueller Übergriffe zum stellvertretenden Düsseldorfer Stadtdechanten ernannte und kürzlich beurlaubte, war dort früher Kaplan. Dem inzwischen verstorbenen Pfarrer O. wird schwerer Missbrauch an einem Kind vorgeworfen. Woelki wurde dafür kritisiert, dass er den Fall nach seinem Amtsantritt 2015 zwar zur Kenntnis genommen, aber eine kirchenrechtliche Voruntersuchung und eine Meldung nach Rom unterlassen habe. Der Kardinal begründete dieses Vorgehen mit der damals weit fortgeschrittenen Demenz des ehemaligen Pfarrers, die eine Befragung unmöglich gemacht habe.

Gespräch mit Stadt- und Kreisdechanten

Vor dem Treffen im Düsseldorfer Osten sprach sich Woelki für einen Dialog aus. Auch der leitende Pfarrer der Gemeinde Oliver Boss warb um Zusammenhalt. Bei der öffentlichen Aufmerksamkeit bestehe die Gefahr, die Firmlinge aus dem Blick zu verlieren, warnte der Geistliche. Für die Jugendlichen solle es eine Feier werden, die nicht durch kircheninternen Streit beeinträchtigt sei. Solch eine Bitte von Gläubigen habe er noch nie erlebt, sagte der Düsseldorfer Stadtdechant Frank Heidkamp der Rheinischen Post. Am Freitag steht ein weiterer schwieriger Termin für Woelki an. Dann trifft er Stadt- und Kreisdechanten zum Gespräch, also die obersten katholischen Vertreter in größeren Städten oder in Kreisen. Auch sie hatten die Vorgänge rund um die Missbrauchsaufarbeitung deutlich kritisiert.

Von Anita Hirschbeck (KNA)

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