Rabbiner warnen vor Verdrängung jüdischen Lebens aus Europa

Angesichts von Debatten um das Schächten in mehreren Ländern Europas warnen Rabbiner vor einer schleichenden Verdrängung jüdischen Lebens.
Berlin – Angesichts von Debatten um das Schächten in mehreren Ländern Europas warnen Rabbiner vor einer schleichenden Verdrängung jüdischen Lebens. Wenn grundlegende religiöse Freiheiten nicht gewährt würden, werde es kein jüdisches Leben mehr in Europa geben, sagte der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, am Donnerstag bei einer digitalen Tagung in Berlin zu 1.700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland und Religionsfreiheit in Europa.

Bild von Ri Butov auf Pixabay

Angesichts von Debatten um das Schächten in mehreren Ländern Europas warnen Rabbiner vor einer schleichenden Verdrängung jüdischen Lebens. Wenn grundlegende religiöse Freiheiten nicht gewährt würden, werde es kein jüdisches Leben mehr in Europa geben, sagte der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, am Donnerstag bei einer digitalen Tagung in Berlin zu 1.700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland und Religionsfreiheit in Europa.

Die Frage der Schächtung, also des rituellen Schlachtens von Tieren ohne Betäubung, und auch die der Beschneidung seien zentral. Gesetze gegen die jüdische Praxis seien kein geringeres Problem als islamistischer Terror gegen jüdische Einrichtungen und Juden. Goldschmidt forderte Deutschland auf, die Rechte von Minderheiten zu schützen, damit es eine jüdische Zukunft in Europa gebe.

Der Wiener Rabbiner Schlomo Hofmeister sagte, es werde immer wieder unbegründet behauptet, dass es Konflikte gebe. “Das Postulat, dass es sich bei der Schächtung um eine mit dem Tierschutz nur kompromisshaft vereinbare Schlachtmethode handelt, ist einfach absurd und unbegründet.” Hier wäre mehr Aufklärung nötig. Auch würden Beschneidungen nach medizinischen Standards und nicht nach archaischen Methoden durchgeführt.

Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, sagte, es gebe eine zunehmende Bedrohung “für religiöses Leben, insbesondere jüdisches und muslimisches Leben, der wir uns politisch und gesellschaftlich mit allem entgegenstemmen müssen, was wir haben”. Zugleich betonte sie, dass es aus juristischer Sicht kein einziges Grundrecht gebe, das ohne Einschränkung gelte. Auch Religionsfreiheit gelte nicht ohne Einschränkungen durch andere Verfassungs- und Grundrechte.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Markus Grübel, betonte hingegen: “Es gibt Positionen, die sind für gläubige Muslime, Juden, Christen unverhandelbar.” Sie gehörten zum Kern der Religion. Grübel beklagte eine höfliche und freundliche Art der Religionsfeindlichkeit, die die Religion herausdränge. Wenn jüdisches und muslimisches Leben zu Deutschland gehöre, dann müssten auch die Riten und Gebräuche zu Deutschland gehören und gesetzlich ermöglicht werden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, für Juden als religiöse Minderheit sei Religionsfreiheit nur in Sicherheit möglich. Er rief Muslime zu mehr Einsatz gegen Judenfeindlichkeit auf. “Gegenseitiger Respekt zwischen Angehörigen verschiedener Religionen muss im Alltag erlernt und praktiziert werden – hier sehe ich auch die muslimischen Vertreter in der Pflicht”, sagte er laut Manuskript in einem Videogrußwort.

In Deutschland ausgebildete Imame dürften nicht dulden, “dass der Islam oder die Politik Israels als Rechtfertigung missbraucht werden, um Juden anzugreifen”, mahnte Schuster weiter. “Genauso, wie wir uns gegen Beleidigungen und Angriffe gegen Muslime einsetzen, erwarten wir auch deren öffentliche Solidarität – und die Solidarität aller Menschen, denen die Religionsfreiheit am Herzen liegt.”

kna