Riesige Hilfsbereitschaft für Flutopfer

Die Flutkatastrophe in Westdeutschland hat eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Über 200 Millionen Euro an Spenden sind eingegangen. Doch die gerechte Verteilung ist ein Kraftakt.

Malteser im Hochwasser-Einsatz 2021 – Notunterkunft für Betroffene –Foto: Thomas Häfner/Malteser

Die Flutkatastrophe in Westdeutschland hat eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Über 200 Millionen Euro an Spenden sind eingegangen. Doch die gerechte Verteilung ist ein Kraftakt.

Rund zwei Wochen nach der Flutkatastrophe in Teilen Deutschlands ist die Hilfsbereitschaft für die Betroffenen überwältigend. Mehr als 200 Millionen Euro wurden bereits gespendet, wie Recherchen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ergaben.

Mehr als 149 Millionen Euro sind bereits auf dem Spendenkonto des Bündnisses „Aktion Deutschland Hilft“ eingegangen, das in Zusammenarbeit mit der ARD zur Hilfe aufruft und von mehr als 20 Organisationen wie den Maltesern, den Johannitern oder dem Arbeiter Samariterbund getragen wird. Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe, in dem Rotes Kreuz, Caritas und Diakonie zusammengeschlossen sind, hat in Zusammenarbeit mit dem ZDF weitere mehr als 60 Millionen Euro eingeworben. Dazu kommen Spendenaktionen anderer Medien, von Kirchen, Kommunen und privaten Vereinen.

Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) sieht damit eine ähnliche Entwicklung wie beim Elbe-Hochwasser 2002 und beim Oder-Hochwasser 2013. 2002 waren 350 Millionen Euro an Spenden eingegangen, 2013 rund 158 Millionen. Die höchste bislang registrierte Spendensumme kam mit 556 Millionen beim Tsunami 2004/2005 in Südostasien zusammen.

Solche Geldsummen sind Segen und Problem zugleich, weiß der DZI-Geschäftsführer. Die Rede ist von einem Kraftakt, weil angesichts großer Not große Geldsummen gerecht verteilt werden müssen. „Klar ist, dass es gerade in der ersten Phase der Nothilfe auf Schnelligkeit statt auf Genauigkeit ankommt“, sagt Wilke. Dass Trittbrettfahrer möglicherweise unberechtigt Gelder abziehen, sei nicht ganz zu vermeiden. Dennoch müssten Hilfsorganisationen und Kommunen, die Spenden sammeln, möglichst transparent arbeiten und klar formulieren, welche Ziele sie verfolgen, mit wem sie zusammenarbeiten und nach welchen Kriterien entschieden wird, fordert Wilke.

Das sieht Gernot Krauß vom Deutschen Caritasverband ähnlich. Als Koordinator der Flutopferhilfe bei Caritas International erlebt er bereits „die dritte Jahrhundertflut“ in Deutschland in 20 Jahren – und kann damit auf viele Erfahrungen zurückgreifen. Krauß erklärt, dass im ersten Hilfeschritt eher kleine Summen ausgezahlt werden – für Lebensmittel, Hygieneartikel, medizinische Produkte und Alltagsbedarf. „Wir fragen aber die Menschen immer nach Bedürftigkeit“, betont er. Wer falsche Angaben mache und etwa gar nicht im Katastrophengebiet wohne, mache sich strafbar. 2002 und 2013 habe es Gerichtsverfahren dazu gegeben.

Manuela Roßbach, geschäftsführende Vorständin von „Aktion Deutschland Hilft“, verweist darauf, dass die Spenden nicht vom Bündnis direkt ausgezahlt würden, sondern ausschließlich von den vor Ort tätigen Mitgliedsorganisationen abgerufen werden. Malteser, Johanniter, AWO und Co. seien von der ersten Stunde an mit den Krisenstäben in den betroffenen Regionen vernetzt und kennten auch viele Menschen vor Ort. Sie hätten daher den besten Überblick über den tatsächlichen Bedarf der Menschen. Der Spendeneinsatz werde über Verteilschlüssel, Antragsverfahren und Berichtspflichten gesteuert.

Vielerorts beginnt derzeit bereits die mittelfristige Hilfe: ASB, Johanniter und Malteser stellen Bautrockner, Notstromaggregate, Werkzeuge und Räumgeräte zur Verfügung. Ebenso seien durch Hilfsorganisationen einige mobile Krankenstationen errichtet worden. Um Hilfsgelder verteilen zu können, müssen die Hilfsorganisationen auch Strukturen vor Ort aufbauen. Anlaufstellen und Büros müssen geschaffen und Personal geschult werden.

Für Roßbach und Krauß ist klar, dass der Wiederaufbau Jahre dauern wird. Je höher die Geldsummen werden, desto wichtiger wird eine bürokratische Kontrolle: Deshalb wird gerade eine zentrale Datenbank wieder in Betrieb genommen, die schon bei der Flutkastastrophe 2013 im Einsatz war. In ihr soll registriert werden, welche Spendengelder und staatlichen Leistungen Bürger erhalten haben. Krauß spricht vom Prinzip der Nachrangigkeit: Zunächst greifen Versicherungen, dann staatliche Hilfen; erst zuletzt werden Spendengelder eingesetzt. Sehr wichtig sei Hilfe durch Spenden etwa dann, wenn der Staat eine hohe Eigenbeteiligung vorschreibe.

Von Christoph Arens (KNA)

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