Verbände rufen zu einem verstärkten Kampf gegen den Menschenhandel auf. Zum Internationalen Tag gegen Menschenhandel forderten sie am Freitag, dass das kriminelle Handeln konsequent verfolgt und bestraft werden müsse.
Berlin – Verbände rufen zu einem verstärkten Kampf gegen den Menschenhandel auf. Zum Internationalen Tag gegen Menschenhandel forderten sie am Freitag, dass das kriminelle Handeln konsequent verfolgt und bestraft werden müsse.
Die Diakonie Deutschland betonte, Menschenhandel habe viele Facetten und die Betroffenen lebten oft im Schatten der Gesellschaft. Sie arbeiteten unter prekären Bedingungen, zum Beispiel in der Prostitution, der Landwirtschaft, der Fleischindustrie, auf dem Bau und auch in der privaten Pflege oder im Haushalt. Sie würden wirtschaftlich extrem ausgebeutet und nicht selten durch Zwang, Bedrohung und Gewalt erheblich unter Druck gesetzt.
Die Diakonie forderte, Täterinnen und Täter zur Verantwortung zu ziehen. Zudem bräuchten die Betroffenen juristische und soziale Beratung und Unterstützung, damit sie der Zwangssituation entkämen und sich gegen das Unrecht wehren könnten. Dazu müsse auch der rechtliche Status der von Menschenhandel Betroffenen verbessert werden.
Das Bündnis Nordisches Modell begrüßte unterdessen eine neue Strategie der Europäischen Kommission, die darauf abziele, Menschenhandel zu unterbinden, Menschenhändler zur Rechenschaft zu ziehen und Opfer zu stärken. Zwischen 2017 und 2018 wurden demnach in der EU offiziell mehr als 14.000 Betroffene identifiziert. Das häufigste Motiv sei Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung; die Opfer seien größtenteils weiblich. Das Bündnis macht sich für verstärkte Aufklärungskampagnen über das System Prostitution stark. Es wirbt zudem für das sogenannte Nordische Modell, das die Prostituierten entkriminalisiert und die Kunden kriminalisiert.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, mahnte, im Zentrum des Kampfes gegen den Menschenhandel müsse stets die Hilfe für Betroffene stehen. „Ihre Stimmen hörbar zu machen, ist der erste Schritt, um ihr Leiden zu lindern, Verbrechensaufklärung voranzubringen und dem Menschenhandel einen Riegel vorzuschieben.“
Oftmals seien Menschen in schwierigen Situationen betroffen. Die Corona-Pandemie habe ihre Lage weiter verschlechtert. „Unerträglich“ nannte Kofler den Umstand, dass Kinder ein Viertel der Opfer in der EU ausmachten. Sie bräuchten Unterstützung, und generell müssten Kinder vor Ausbeutung und Gewalt geschützt werden.
Experte: In Deutschland betrifft Menschenhandel vor allem Frauen
Von Menschenhandel sind in Deutschland einem Experten zufolge vor allem Frauen betroffen. Sie würden häufig zur Prostitution gezwungen, sagte der Referatsleiter Soziale Arbeit der Caritas im Bistum Münster, Helmut Flötotto, dem Online-Portal kirche-und-leben.de am Freitag. „Es ist allerdings zu befürchten, dass auch Minderjährige betroffen sind.“ Flötotto verwies auf Pädophilen-Netzwerke, die Ermittler in den vergangenen Jahren in Münster und anderen nordrhein-westfälischen Orten aufdeckten. Er äußerte sich anlässlich des internationalen Tags gegen den Menschenhandel am 30. Juli.
Der Caritas-Mitarbeiter glaubt, dass auch Geflüchtete Opfer von Menschenhandel und Prostitution geworden sein könnten. Viele unbegleitete Minderjährige seien nicht mehr auffindbar. „Das einige davon im Bereich Menschenhandel gelandet sind, ist nicht auszuschließen“, sagte Flötotto, der auch Flüchtlingsbeauftragter des Bistums Münster ist.
Menschenhandel fände verdeckt und mit „mit schweren Repressalien gegenüber betroffenen Personen“ statt, so der Experte. „Wenn Personen sich gegenüber einer Beratungsstelle outen, bedarf es umfangreicher Schutzmaßnahmen, damit sie an Leib und Leben nicht gefährdet werden.“ Flötotto forderte, EU-Maßnahmen gegen Menschenhandel zügig in nationale Gesetze zu überführen und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten.
kna