Polens Missbrauchskommission will Kirchenakten untersuchen

Polens staatliche Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch dringt auf eine Untersuchung der Akten der katholischen Kirche.

Polens staatliche Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch dringt auf eine Untersuchung der Akten der katholischen Kirche. Hierfür schlug sie der Bischofskonferenz am Freitag eine gemeinsame Forschungsgruppe vor. Diese solle die Akten der Diözesen zu abgeschlossenen Fällen analysieren, die den sexuellen Missbrauch von Kindern unter 15 Jahren betreffen, teilte die Kommission mit, die 2019 vom Parlament beschlossen wurde.

Die Zusammenarbeit von weltlichen und kirchlichen Experten habe sich unter anderem jüngst bei einer Untersuchung in der polnischen Provinz des Dominikanerordens bewährt, heißt es in einem Schreiben an den Bischofskonferenz-Vorsitzenden Stanislaw Gadecki und Polens Primas, Erzbischof Wojciec Polak, der in der Kirche für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zuständig ist. „Wir schlagen eine Forschungszusammenarbeit vor, um die Vergangenheit aufzuklären“, so Kommissionschef Blazej Kmieciak auf Twitter. Das Studium der Akten sei notwendig, um das Vorgehen der kirchlichen Institutionen bewerten zu können.

Der Dominikanerorden hatte im Frühjahr eine Kommission aus fünf Laien und zwei Geistlichen berufen. Sie legte am Donnerstag einen 260-seitigen Untersuchungsbericht zur psychischen, sexualisierten und körperlichen Gewalt eines Dominikaners gegen Erwachsene von 1996 bis 2000 vor. Demnach reagierte die Ordensleitung viele Jahre lang „sehr unangemessen“ auf entsprechende Hinweise. Der Orden entschuldigte sich bei den Betroffenen und versprach, sie zu unterstützen.

Die staatliche Aufarbeitungskommission erfasst seit Herbst 2020 Fälle von Missbrauch von Kindern unter 15 Jahren aus den Bereichen Bildung, Kultur, Freizeit und Sport sowie Religionsgemeinschaften. Die katholische Kirche bot ihr ihre eigenen statistischen Daten zu Missbrauchsfällen an. Zur Herausgabe von Akten kam es bisher jedoch nicht, obwohl die Kommission mehrfach darum gebeten hatte. Man sei auch in Hinblick auf Kirchenakten zur Zusammenarbeit bereit, erklärte die Kirche Ende Juli. Das müsse jedoch auf einer klaren Rechtsgrundlage beruhen. Das Gesetz über die Aufarbeitungskommission verpflichte aber nur Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Übergabe der erforderlichen Unterlagen aus ihren Fallakten, nicht aber Religionsgemeinschaften.