Vatikan-Strafprozess: Fehlende Beweise unvollständig eingereicht

Im vatikanischen Finanz-Mammutprozess rund um Kardinal Giovanni Angelo Becciu hat die Strafverfolgung laut einem Medienbericht strittige Beweise zwar fristgerecht nachgereicht.
Im vatikanischen Finanz-Mammutprozess rund um Kardinal Giovanni Angelo Becciu hat die Strafverfolgung laut einem Medienbericht strittige Beweise zwar fristgerecht nachgereicht.

–Foto: pixabay

Im vatikanischen Finanz-Mammutprozess rund um Kardinal Giovanni Angelo Becciu hat die Strafverfolgung laut einem Medienbericht strittige Beweise zwar fristgerecht nachgereicht. Wie die italienische Zeitung “Il Messaggero” (Donnerstag) berichtet, sind die rund 50 Video- und Tonaufnahmen jedoch unvollständig. Insbesondere bei der Befragung des Hauptzeugens Alberto Perlasca seien Elemente herausgeschnitten worden, auch bei Angeklagten, etwa den Finanzmanagern Gianluigi Torzi und Raffaele Mincione, fehlten Aufnahmen. Teils gebe es auch keine Abschriften.

Mit Blick auf die fehlenden Beweismittel hatte es zwei richterliche Anläufe gebraucht, um die Strafverfolgung zur Herausgabe zu bewegen. Die Verteidigung hatte eine Fortsetzung des Prozesses ohne diese Materialien für unmöglich erklärt. Eine erste Frist nach dem Prozessauftakt Ende Juli hatte Strafverfolger Alessandro Diddi jedoch verstreichen lassen und dies mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten begründet. Dieses Argument ließ Richter Giuseppe Pignatone bei der Fortsetzung des Prozesses Mitte Oktober nicht gelten und ordnete erneut die Herausgabe aller Audio- und Videoaufnahmen an. Die Aufnahmen würden schließlich von der Strafverfolgung selbst als Beweise für ihre Anklage vorgebracht, so Pignatones Argumentation. Nun können diese laut Zeitung – wenn auch gekürzt – in der Gendarmerie von den Verteidigern eingesehen werden.

Im Oktober hatten die Richter darüber hinaus – auf Wunsch von Diddi – einige Akten der Strafverfolgung für eine Überarbeitung und erneute Anklage zurückgegeben. Bei dem angeklagten Kardinal Becciu betrifft das zwei Punkte: den Vorwurf der Zeugenbeeinflussung sowie jenen im Zusammenhang mit einer innerfamiliären Spende.  Die insgesamt zehn Angeklagten sollen an verlustreichen Investitionen von mehreren hundert Millionen Euro in eine Londoner Luxusimmobilie beteiligt gewesen sein. Auch Spendengelder dürften davon betroffen sein. Mit Becciu sitzt zudem – infolge einer Rechtsanpassung durch Papst Franziskus – erstmals ein Kardinal auf der Anklagebank.

Weitere Angeklagte sind unter anderen Beccius Sekretär Mauro Carlino, der Schweizer Finanzexperte und Ex-Präsident der vatikanischen Finanzaufsicht, Rene Brülhart, die Finanzmanager Torzi und Mincione sowie die Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna. Die Vorwürfe reichen von Amtsmissbrauch, Veruntreuung und Geldwäsche bis hin zu Betrug und Erpressung. Der Hauptzeuge Perlasca war viele Jahre Verwaltungsleiter der ersten Abteilung im Staatssekretariat. Er schloss im Auftrag Beccius und seines Nachfolgers Erzbischof Edgar Pena Parra erste Verträge mit den angeklagten Finanzmanagern Mincione und Torzi. Mittlerweile lebt er wieder in seinem Heimatbistum Como. Der Prozess soll am 17. November fortgesetzt werden.