Am Kölner Landgericht hat der Missbrauchsprozess gegen einen 70-jährigen katholischen Priester begonnen.
Köln – Am Kölner Landgericht hat der Missbrauchsprozess gegen einen 70-jährigen katholischen Priester begonnen. Laut der am Dienstag verlesenen Anklageschrift soll sich der frühere Pfarrer U. zwischen 1993 und 1999 in 31 Fällen in Gummersbach an seinen drei minderjährigen Nichten vergangen haben – davon in 3 Fällen schwer. Verhandelt wird zudem eine weitere, in der vorigen Woche bekannt gewordene Anklage, wonach der Geistliche im Januar 2011 in Wuppertal zwei Mal ein elfjähriges Mädchen missbraucht haben soll, das er über ein bekannte Familie kennengelernt hatte.
Öffentliches Interesse überwiege angesichts der Debatte über Missbrauch die Persönlichkeitsrechte
Die Zweite Große Strafkammer des Gerichts lehnte den Antrag der Verteidigung ab, zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten und der als Nebenklägerinnen auftretenden Nichten die Öffentlichkeit von der Verlesung der Anklageschrift auszuschließen. Das öffentliche Interesse überwiege angesichts der Debatte über den Missbrauch in der Kirche, hieß es zur Begründung. Die zahlreich erschienenen Medienvertreter mussten den Verhandlungssaal aber verlassen, bevor sich der Angeklagte zur Sache und zu seiner Person einließ. In dem Prozess soll auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße als Zeuge aussagen, der ehemals Personalverantwortlicher im Erzbistum Köln war.
Nach den aktuellen Planungen ist er laut einem Gerichtssprecher für den 18. Januar vorgeladen. In dem Verfahren sind zunächst 20 Verhandlungstermine bis Ende Januar angesetzt. Neben Heße sind bisher 37 weitere Zeugen aus dem persönlichen und beruflichen Umfeld des Priesters geladen. Die mutmaßlichen Taten des Priesters waren bereits Thema in dem im März veröffentlichten Missbrauchsgutachten für das Erzbistum Köln, das Heße Fehler im Umgang mit dem Fall vorwirft. Erste Anschuldigungen und Ermittlungen gegen U. gab es demnach bereits vor elf Jahren. Damals überreichte Heße als Personalchef dem damaligen Pfarrer seine Entpflichtungsurkunde.
Auf Druck der Familie die Anzeige zurückgezogen
Die Staatsanwaltschaft hatte laut dem Gutachten 2011 ihre Ermittlungen in dem Fall U. eingestellt, nachdem eine der Nichten – offenbar auf Druck der Familie – ihre Anzeige zurückgezogen hatte. Danach wurde U. im Erzbistum Köln wieder als Krankenhausseelsorger eingesetzt. Der heutige Erzbischof Rainer Maria Woelki rollte den Fall 2018 wieder auf. Der Kardinal meldete ihn an die Staatsanwaltschaft und untersagte U. die Ausübung priesterlicher Dienste. Im vergangenen Jahr klagte die Staatsanwaltschaft den früheren Pfarrer erstmals an.
kna