Neuausrichtung der Caritas im Bistum Essen: Leitende Mitarbeiter sollen gehen

Die Delegiertenversammlung des Diözesan-Caritasverbandes hat am Donnerstagabend nach einer kontroversen Diskussion eine organisatorische Neuausrichtung des Verbandes, die der Caritasrat angestoßen hatte, „in ihren Zielsetzungen begrüßt“. Dies gab der Verband am Freitag bekannt. Die Stimmung im Verband und unter den Mitarbeitern ist angespannt.
Die Delegiertenversammlung des Diözesan-Caritasverbandes hat am Donnerstagabend nach einer kontroversen Diskussion eine organisatorische Neuausrichtung des Verbandes, die der Caritasrat angestoßen hatte, in ihren Zielsetzungen begrüßt. Dies gab der Verband am Freitag bekannt.

(Foto: Nicole Cronauge | Bistum Essen)

Essen – Die Delegiertenversammlung des Diözesan-Caritasverbandes hat am Donnerstagabend nach einer kontroversen Diskussion eine organisatorische Neuausrichtung des Verbandes, die der Caritasrat angestoßen hatte, in ihren Zielsetzungen begrüßt. In einem einstimmigen Beschluss wurde den Angaben zufolge festgehalten, dass Vertreter der Mitarbeitenden und der Mitglieder des Verbandes in der weiteren Phase der konkreten Ausgestaltung intensiv beteiligt werden und künftig der Projektgruppe zur Zukunftsentwicklung des Verbandes angehören. Dass der Verband sich neu aufstellen muss wird nicht angezweifelt. Aber es geht um das Wie.

Leitende Mitarbeiter der Caritas müssen gehen

Im Vorfeld sowie im Verlauf der Delegiertenversammlung hatte es viele kritische Rückmeldungen zu den vorliegenden Ergebnissen für die geplanten organisatorischen Veränderungen gegeben. Eingefordert wurde vor allem eine breitere Beteiligung, um sicherzustellen, dass der Caritasverband seine vielfältigen Dienstleistungen für seine Mitgliedsverbände und -einrichtungen auch in Zukunft erfolgreich wahrnehmen kann. Eine organisatorische Neuausrichtung hatte der Caritasrat nach dem Ausscheiden der damaligen Caritasdirektorin Sabine Depew im Jahre 2020 beschlossen. Ziel war es, vor einer regulären Nachbesetzung des Vorstandes zunächst die wirtschaftliche und organisatorische Situation des Verbandes kritisch zu analysieren. Hierzu wurde eine Projektgruppe zur Zukunftsentwicklung des Verbandes initiiert, die von einer Unternehmensberatung begleitet wurde. Die Mitglieder des Diözesan-Caritasverbandes wurden während der Analyse in einer größeren Zahl von Interviews beteiligt.

Im Herbst lagen dann die Ergebnisse vor, die „eine agilere Struktur vorsehe“, wie es hieß. Zugleich werde die Steuerung der Geschäftsstelle durch einen künftig zweiköpfigen Vorstand verstärkt. „In der Folge wird eine nachgeordnete Führungsebene verändert, eine bisherige Abteilung aufgelöst und die dortigen Mitarbeitenden direkt den zukünftigen zwei Vorständen zugeordnet“, erläuterte eine Sprecherin. Zwei bisherige leitende Mitarbeitende müssen den Verband deshalb offenbar verlassen: Für sie gebe „es keine weitere Beschäftigung in der neuen Struktur“. Mit ihnen würden „derzeit Gespräche geführt, um eine sozial verträgliche Lösung zu finden. Kündigungen wurden bislang nicht ausgesprochen“, sagte die Sprecherin. Dieses Vorgehen hat dem Vernehmen nach allerdings für erhebliche Unruhe innerhalb des Verbandes und der Caritas-Mitarbeiter gesorgt. Aus dem Verband heraus ist zu hören, das Vorgehen den Mitarbeitenden gegenüber sei einer „Caritas unwürdig“.

Die Belegschaft einen Brandbrief an den Bischof von Essen,  Franz-Josef Overbeck, geschrieben. „Es besteht ein großes Maß an Verunsicherung – mitunter Angst – im Kreise der Mitarbeiterschaft“, heißt es darin. Der Protest richtet sich nicht nur gegen den im Raum stehenden Rauswurf von Vorgesetzten. Ärger besteht auch darin, dass der anstehende Umbau des Verbandes nur im kleinen Kreis besprochen worden sei: „ohne jede Beteiligung der Mitarbeitenden“.  Seit inzwischen sechs Jahren befindet sich der Caritasverband aus Sicht der Mitarbeitenden „in einer angespannten Situation“: Die Rede ist im Brief von den vielen Vorstandswechseln und angefangenen, aber nicht erfolgreich abgeschlossenen Organisationsprozessen und „Begutachtungen“ durch Beraterfirmen. Diese „begleiten das Arbeitgeber aller Mitarbeitenden im Haus und verunsichern und demotivieren die Belegschaft zunehmend“.

Generalvikar Klaus Pfeffer: „Wir haben kontrovers und leidenschaftlich debattiert“

Die Delegiertenversammlung bestätigte letztlich die Entscheidung für das künftige Führungsmodell in der Sache, so dass das laufende Bewerbungsverfahren fortgesetzt wird. Die Zeit bis zur Besetzung der beiden Vorstandsämter soll nun genutzt werden, um das künftige Organisationsmodell weiter zu entwickeln und die Bedarfe der Mitglieder sowie die Anliegen der Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Der Vorsitzende des Caritasrates, Generalvikar Klaus Pfeffer, zeigte sich erleichtert nach der weit über dreistündigen Debatte: „Wir haben kontrovers und leidenschaftlich debattiert und am Ende eine einvernehmliche Vereinbarung gefunden, um nun mit größerer Beteiligung die Neuausrichtung weiter zu entwickeln.“

Dies sei wichtig angesichts einer sehr „fragilen Situation“ des Verbandes, der in den zurückliegenden Jahren durch mehrere Vorstandswechsel in ein unruhiges Fahrwasser geraten sei. Pfeffer dankte deshalb ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unter zeitweise schwierigen Bedingungen ihren Dienst tun. „Es muss uns gelingen, eine Struktur zu entwickeln, die für die nächsten Jahre Stabilität sichert“, so Pfeffer.Kritik richtete sich in der Versammlung gerade auch gegen Pfeffer selbst.

Erst einmal aber steht dem Verband ein erneuter Wechsel an der Spitze bevor: Da der Interims-Caritasdirektor Matthias Schmitt zum Jahreswechsel in die Spitze des Kölner Diözesan-Caritasverbandes wechselt, übernimmt nun Hans-Georg Liegener als kommissarischer Vorstand die Leitung des Verbandes, bis die neuen Vorstandsämter regulär besetzt werden können. Mit Liegener konnte ein erfahrener Caritas-Mann aus dem Bistum Aachen gewonnen werden, der zudem Kompetenzen als Organisationsberater mitbringt. Schwerpunkt seiner Aufgabe wird es deshalb auch sein, den weiteren Prozess der Neuausrichtung zu begleiten.

rwm