Das oberste Gericht der USA beschäftigt sich am Mittwoch mit einem Gesetz des Bundesstaates Mississippi, das das Grundsatzurteil zu Abtreibung „Roe vs. Wade“ aus dem Jahr 1973 direkt infrage stellt.
Washington – Das oberste Gericht der USA beschäftigt sich am Mittwoch mit einem Gesetz des Bundesstaates Mississippi, das das Grundsatzurteil zu Abtreibung „Roe vs. Wade“ aus dem Jahr 1973 direkt infrage stellt. Der sogenannte Gestational Age Act verbietet Schwangerschaftsabbrüche nach der 15. Woche. Untere Gerichte hatten das Gesetz von 2018 blockiert.
Gesetz aus Mississippi will Grundsatzurteil zur Abtreibung zu kippen
Das US-Verfassungsgericht hört in dem Fall „Dobbs vs. Jackson Womens Health Organisation“ in einer auf 70 Minuten angesetzten Sitzung die mündlichen Argumente beider Seiten. Bis zum Ende der Sitzungsperiode des Gerichts im Sommer 2022 wollen die neun mehrheitlich konservativen Richterinnen und Richter eine Entscheidung treffen. Das Gesetz von Mississippi zielt darauf ab, das vor knapp einem halben Jahrhundert erlassene Grundsatzurteil zur Abtreibung zu kippen. „Roe vs. Wade“ hatte Schwangerschaftsabbrüche landesweit legalisiert und innerhalb des ersten Trimesters zur Privatangelegenheit erklärt.
In der Anhörung tritt Thomas E. Dobbs als Kläger auf, der als Beauftragter des Gesundheitsministeriums von Mississippi tätig ist. Beklagter ist die „Jackson Womens Health Organisation“, die einzige Abtreibungsklinik des Bundesstaates, die noch Schwangerschaftsabbrüche bis zur 16. Woche anbietet. In dem Fall geht es um die Frage, ob alle Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen vor der Geburt verfassungswidrig sind, oder ob Bundesstaaten Abtreibungen verbieten können, bevor ein Fötus außerhalb des Mutterleibs überleben kann.
US-Bischofskonferenz Hat Stellungnahmen eingereicht
Das Gesetz von Mississippi stellt nicht nur „Roe“ in Frage, sondern auch das fast 20 Jahre später ergangene Urteil „Planned Parenthood vs. Casey“ von 1992. Dieses hindert US-Bundesstaaten, Abtreibungen vor der Lebensfähigkeit des Fötus zu verbieten. Als solcher wird der Zeitpunkt definiert, an dem ein Fötus außerhalb des Mutterleibs überleben kann. Das ist in der Regel nach der 24. Schwangerschaftswoche der Fall.
Die US-Bischofskonferenz hatte im Juli parallel zu den Diözesen Jackson und Biloxi „Amicus-Briefe“ genannte Stellungnahmen beim Obersten Gerichtshof eingereicht. Darin zitieren die Hirten die Neurobiologin der Universität Utah, Maureen Condic, die zu dem Ergebnis kommt, dass Föten, die innerhalb der gesetzlichen Frist abgetrieben werden, Schmerzen empfinden können. Das sei ein absolut relevantes Argument für ein Gesetz, heißt es in dem Schreiben der Bischöfe.
Erster großen Testfall des unter Donald Trump neu zusammengesetzten Supreme Court?
Politische Beobachter sehen in „Dobbs vs. Jackson Womens Health Organisation“ den ersten großen Testfall des unter Donald Trump neu zusammengesetzten Supreme Court. In dem neunköpfigen Gremium zählen sechs Richter zum konservativen Flügel, drei unter ihnen erhielten ihre Ernennung unter Trump. Der Ex-Präsident hatte schon im Wahlkampf 2016 angekündigt, dass „Roe vs. Wade“ automatisch kippen würde, wenn er zwei oder drei Richter einsetzen könne.
Sollte das Gericht „Roe vs. Wade“ kippen, stehen mindestens 21 US-Bundesstaaten bereit, Gesetze zu erlassen, die Frauen das Recht verweigern, ungewollte Schwangerschaften zu beenden. Falls die beiden Urteile jedoch bestätigt werden, wäre dies ein schwerer Schlag für die Lebensrechtsbewegung. Deren langfristige juristische Strategie zielte schon lange darauf ab, dass der Supreme Court eine konservative Mehrheit bekommt, wie es heute der Fall ist.