Zollner: Gutachten wirft anderes Licht auf Benedikt XVI.

Nach Ansicht des Jesuiten und Kinderschutz-Experten Hans Zollner werfen die Ergebnisse des Münchner Missbrauchsgutachtens ein anderes Licht auf die Amtszeit von Benedikt XVI. als Papst (2005-2013).

Nach Ansicht des Jesuiten und Kinderschutz-Experten Hans Zollner werfen die Ergebnisse des Münchner Missbrauchsgutachtens ein anderes Licht auf die Amtszeit von Benedikt XVI. als Papst (2005-2013). Sollten sich die vier Fälle bewahrheiten, in denen die Kanzlei ihm Versagen als Münchner Erzbischof (1977-1982) nachweist oder dieses vermutet, dann werde man eine Neubewertung vornehmen müssen, sagte der Leiter des Instituts für Safeguarding an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom im BR-Fernsehen (Donnerstagabend). „Ich glaube, dass es wichtig wäre, dass Benedikt sich entschuldigt.“ Der emeritierte Papst müsse zum Missbrauchsgutachten und einer Stellungnahme noch einmal nachlegen.

Ein solches Verhalten wäre ganz wichtig für die Kirche und für all jene, die auch den emeritierten Papst sehr schätzen, erklärte Zollner. Wenn es einen Fehler gegeben habe und Benedikt XVI. nicht reagiert habe, wie es hätte sein sollen, dann sollte das von ihm auch so benannt werden. Zugleich räumte Zollner ein, dass für viele in der Kirchenleitung, aber nicht nur dort, das Ansehen der Kirche höchste Priorität habe – sogar höher als Würde, Respekt und Zuwendung zu den Geschädigten. Es sei kaum zu verstehen, warum sich die Kirche nicht jenen zuwende, die Hilfe und Entschuldigung am nötigsten hätten. Das seien „rational nicht erklärbare Mechanismen“, so der Experte. Bilder von einer vermeintlich makellosen Kirche, Priestern, Bischöfen oder auch dem Papst müsse sich die Kirche stellen; „das müssen wir angehen“, sagte Zollner.

In puncto Präventionsarbeit habe die Kirche in den vergangenen Jahren sehr viel getan, betonte er. Das treffe aber nicht für die Aufarbeitung zu. Man könne Missbrauch nur verhindern und Menschen darin schulen, wie dies am Institut der Gregoriana geschehe, wenn die Fehler, Verbrechen und Sünden der Vergangenheit tatsächlich angeschaut werden.

Aufarbeitung heiße nämlich nicht nur, dass man die Zahlen von Missbrauchsfällen und -tätern kenne, erläuterte der Fachmann. Man müsse sich auch bemühen, körperliche, sexuelle, spirituelle und psychische Schäden zu verstehen, die durch Missbrauch ausgelöst worden seien. Betroffene müssten das auch äußern können. Am Ende sollten sie sich auf eine Weise wieder dem nähern können, was ihnen früher wichtig gewesen sei. Die Betroffenen bestimmten den Kurs dafür; sie hätten zu sagen, wann sie zufrieden seien. Das sei nicht eine Entscheidung der Institution, die ihnen geschadet habe, so Zollner.

kna

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