Overbeck: Benedikt XVI. muss sich zu Gutachten „verhalten“

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Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat den emeritierten Papst Benedikt XVI. aufgefordert, sich zu den Ergebnissen des Münchner Gutachtens “zu verhalten”.
) Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat den emeritierten Papst Benedikt XVI. aufgefordert, sich zu den Ergebnissen des Münchner Gutachtens "zu verhalten".

Bischof Franz-Josef Overbeck. (Foto: Bistum Essen)

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat den emeritierten Papst Benedikt XVI. aufgefordert, sich zu den Ergebnissen des Münchner Gutachtens “zu verhalten”. Es müsse Verantwortung übernommen werden, und “die ist immer personal”, sagte Overbeck in einem ZDF-Special (Donnerstagabend) zu dem Missbrauchsgutachten. Auch das Erzbistum München-Freising und die Verantwortlichen müssten Konsequenzen ziehen. Das Münchener Gutachten seie „eine große Aufgabe für uns“.

Zugleich betonte Overbeck, in den vergangenen Jahren sei etwa mit Blick auf die Präventionsarbeit bereits viel geschehen, “um genau das zu verhindern, was zu diesem Desaster geführt” habe. Er nannte unter anderem die Beteiligung Betroffener bei der Aufarbeitung. Die Kirche müsse versuchen, Vertrauen wiederzugewinnen.

Dazu gehöre, dass “wir den großen Themen, die in unserer heutigen Welt eine wichtige Rolle spielen, mehr Raum geben”. Dazu gehöre auch die Rolle der Frauen in der Kirche, die große sozial-ökologische Verantwortung, die Ökumene und interreligiöser Dialog; “und wir brauchen ein religiöses Miteinander aller, die glauben”, so Overbeck. Der Synodale Weg sei ein erster Schritt, der getan werden müsse, um neue Perspektiven zu eröffnen. Das Missbrauchsgutachten bescheinigt dem früheren Papst Benedikt XVI./Joseph Ratzinger Führungsversagen im Umgang mit Missbrauchstätern sowie fehlende Sorge für die Geschädigten in seiner Zeit als Münchner Erzbischof (1977-1982).

Bistum Essen legt im Herbst Studie vor

Generalvikar Pfeffer nannte das Münchener Gutachten im WDR5-Mittagsecho „ein sehr deutliches Signal für die katholische Kirche, endlich Schluss damit zu machen, Verantwortlichkeiten nicht klar zu benennen“. Zugleich müsse die Kirche noch viel stärker als bisher „den Betroffenen zuhören und Ihnen Glauben schenken“. Ihn selbst hätten die Begegnungen mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs in den vergangenen Jahren sehr verändert: „Das geht schon sehr unter die Haut – und das lässt auch mich manchmal an meiner eigenen Kirche verzweifeln“, sagte Pfeffer.

Im Auftrag des Bistums Essen wird im Herbst das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) eine Studie vorstellen, die mit einem sozialwissenschaftlichen Fokus die Missbrauchsfälle im Ruhrbistum aufarbeitet und dabei auch den gesellschaftlichen und kirchlichen Kontext einbezieht. Das IPP hat seit März 2020 Zugang zu allen Akten, die die Missbrauchsfälle in der Bistumsgeschichte betreffen und führt auf Basis der Aktenauswertung Interviews mit Verantwortlichen, Betroffenen und weiteren Zeitzeugen im Bistum und den betroffenen Gemeinden.

Dabei geht es besonders um die Frage, welche Strukturen, Verhaltensmuster und Fehler von Verantwortlichen sexualisierte Gewalt in kirchlichen Einrichtungen der Diözese begünstigt haben. Eine juristische Untersuchung aller Personalakten der noch lebenden Geistlichen zu etwaigen Vorwürfen oder Verdachtsfällen sexuellen Missbrauchs hatte das Ruhrbistum bereits 2012 bei den Rechtsanwälten der Kölner Kanzlei Axis in Auftrag gegeben und die Ergebnisse 2017 vorgestellt. Darüber hinaus hatte das Bistum Essen im Jahre 2017 die Personalakten aller bekannt gewordenen Priester, die sexuelle Missbrauchstaten begangen hatten, der Staatsanwaltschaft zur Prüfung übergeben.

rwm

Forscherin: Münchner Erzbistum lehnte Zusammenarbeit bei Missbrauchsaufarbeitung ab