Ein Kirchenfenster aus Essen, dass die heilige Hildegard von Bingen zeigt, findet im Rupertsberger Gewölbe in Bingen ein neues Zuhause.
Die Heilige Hildegard von Bingen wird bald in neuem Licht erstrahlen: Das Glasbild der berühmten mittelalterlichen Theologin, Mystikern, Heilkundigen findet im Rupertsberger Gewölbe in Bingen ein neues Zuhause. Bis vor vier Jahren prägte das Fenster das Seitenschiff der katholischen Kirche St. Barbara in Essen. Die Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts mit Sitz in Mönchengladbach hatte es dort vor dem Abriss geborgen. „Das ist ein so seltenes wie erfreuliches Ereignis im Zuge unserer landesweiten Erforschung und Dokumentation der Glasmalerei und den immer häufiger werdenden Rettungsaktionen, mit denen wir der Zerstörung der Kulturgüter zuvorkommen“, sagte Forschungsstelle-Leiterin Dr. Annette Jansen- Winkeln. „Dass das de Graaff-Fenster an der alten Wirkungsstätte der Heiligen Hildegard wieder zu sehen sein wird, macht uns besonders froh.“ Die Arbeit des in der Nachkriegszeit bedeutenden Essener Glasmalers Wilhelm de Graaff entstand in den Jahren 1950/52 anlässlich der Neuverglasung der Kirche.
Fenster zeigt Heilige in typischer Ikonographie
Die hl. Hildegard ist in der typischen Ikonografie mit Äbtissinnen-Stab, Buch und Feder sowie flammendem Haupt dargestellt – dem Symbol für die göttliche Inspiration, die durch die Heilige auf direktem Weg in ihre Schriften einfließt. An der Stelle des im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Hildegardis-Klosters in Bingen, dem Rupertsberg, stellt die örtliche Hildegard-Gesellschaft zurzeit das so genannte Hildegard-Gewölbe wieder her. Nun fragte sie bei der Forschungsstelle um das Hildegard-Fenster an. Es wird nach einer fachmännischen Restaurierung dort eingebaut, als Dauerleihgabe der Forschungsstelle.
In den fast drei Jahrzehnten ihres Bestehens hat die Forschungsstelle nach eigenen Angaben mit ihren Protagonisten Ernst und Annette Jansen-Winkeln sämtliche kirchlichen und profanen Glasfenster unter anderem auf dem Gebiet der Alten Preußischen Rheinprovinz, zu dem am südlichen Zipfel auch Bingen gehört, dokumentiert und in einer freien Datenbank veröffentlicht. Dies sind rund 150.000 Werke in über 10.000 Gebäuden. In ihrem Depot lagern rund 700 „teils unter dramatischen Umständen geborgene Glasfenster“, so Jansen- Winkeln. Zuletzt stellte das Land Nordrhein-Westfalen in seinem neuen Haus der Geschichte in Düsseldorf ein Fenster aus dem vom Braunkohle-Tagebau in Garzweiler zerstörten „Immerather Dom“ aus.
Künstler Wilhelm de Graaff stammt aus Essen.
Der Künstler Wilhelm de Graaff (1912-1975) stammt aus der Ruhrgebietsstadt Essen. Er wuchs im Bergischen Land auf und war nach der Glasmaler-Lehre und Besuch der Kunstgewerbeschulen in Wuppertal- Barmen und Aachen bis zum Zweiten Weltkrieg Assistent von Anton Wendling. Nach dem Krieg lebte er in Essen-Werden. Er stattete mehr als 100 Kirchen und nicht-sakrale Gebäude vorwiegend in Nordrhein-Westfalen und Luxemburg aus. Glasbilder in Schliff- und Ätztechnik gelten als eine Spezialität de Graaffs. Seine Bleiverglasungen werden bestimmt durch kräftigen, bewegten Bleiriss, der Figuren und Hintergrund verbindet, sowie klare Farbgegensätze, meist in Verwendung von Farben erster und zweiter Ordnung. De Graaff ist ein Vertreter der linear-graphischen rheinischen Glasmalerei.
„Ein Schatz, der mit aller Sorge zu hüten ist” – Kunsthistorikerin rettet die Kirchenfenster