Der Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz erwartet vom früheren Papst Benedikt XVI. eine „authentische Antwort“ auf die Frage, wie es zur Verwirrung um dessen Aussagen beim Münchner Missbrauchsgutachten kam.
Köln – Der Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz erwartet vom früheren Papst Benedikt XVI. eine „authentische Antwort“ auf die Frage, wie es zur Verwirrung um dessen Aussagen beim Münchner Missbrauchsgutachten kam. Der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte Lütz am Sonntag, der ehemalige Papst sei einer der ehrlichsten Menschen, die er kenne. Das Hin und Her um seine Aussagen im Münchner Missbrauchsskandal wolle der Ex-Papst erklären; man „sollte so fair sein, das abzuwarten“, sagte Lütz.
Lütz sieht Verantwortung bei Benedikt
Ähnlich äußerte sich Lütz bereits in der vorigen Woche in einem Gastbeitrag für die Neue Zürcher Zeitung sowie in der Talkshow von Markus Lanz. Im Interview nun sagte Lütz: „Als ich die wirklich ganz unangemessenen Antworten Benedikts las, war ich ziemlich entsetzt. Das war überhaupt nicht seine Sprache und gehörte allenfalls ins kirchenrechtliche Seminar.“ Zwar kritisierte Lütz erneut die Fragen der Gutachter, die nach seiner Ansicht „in Teilen Anklageschriften“ glichen, dass sich da jeder Rechtsrat geholt hätte“. Zugleich jedoch sagte Lütz: „Aber mir ist schleierhaft, wie ein solcher juristischer Schriftsatz dann als Benedikts Antwort rausgehen konnte.“
Lütz verweist darauf, dass Benedikt nach dessen Stellungnahme gegenüber den Auskunft in angibt, „in allen vier ihm vorgehaltenen Fällen noch nicht einmal Kenntnis von der Missbrauchsvorgeschichte der betroffenen Priester “ gehabt zu haben. Den Gutachtern sei es nicht gelungen, „auch nur einen einzigen handfesten Beweis dafür zu finden, dass das nicht stimmt“. Die in ihrer Pressekonferenz benannten Zeugen, hält Lütz für wenig glaubwürdig, „weil sie heute das Gegenteil von dem sagen, was sie vor Jahren beteuerten“. Bei Markus Lanz hatte Lütz aber auch mehrmals betont, es sei irrelevant, ob Ratzinger solche Kenntnisse gehabt habe: „Als Erzbischof war er verantwortlich.“
Für staatliche Untersuchungskommission
Um die Aufklärung der Missbrauchsfälle in den Kirchen und anderen Institutionen zu beschleunigen, forderte Lütz in dem Interview eine staatliche Untersuchungskommission. Diese sollte von unabhängigen Fachleuten geleitet und am Parlament angebunden oder von der Regierung beauftragt werden. „Seit über 10 Jahren fordere ich eine wirklich unabhängige staatliche Untersuchung beider Kirchen und des Deutschen Olympischen Sportbunds. Die Bischöfe wollen dagegen noch 22 Berichte von 22 Diözesen in der Tagesschau sehen, die wissenschaftlich wertlos, weil nicht vergleichbar sind. Man hat so etwas mal Selbstmord aus Angst vor dem Tod genannt“, sagte Lütz. Wichtig wäre nach seiner Ansicht,„ dass Experten ohne Profilierungsbedürfnisse oder innerkirchliche Agenda“ die staatliche Untersuchung leiten. Diese könne am Parlament angesiedelt sein oder von der Regierung beauftragt werden.