Nach dem Urteil gegen den früheren katholischen Pfarrer U. wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs hat die Verteidigung einem Zeitungsbericht zufolge Revision eingelegt.
Köln – Nach dem Urteil gegen den früheren katholischen Priester U. wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs hat die Verteidigung einem Zeitungsbericht zufolge Revision eingelegt. Das berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger (Mittwoch) unter Berufung auf den Anwalt von U. Das Landgericht Köln hatte am Freitag eine zwölfjährige Haftstrafe gegen den 70 Jahre alten Priester des Erzbistums Köln verhängt. U. hat sich demnach zwischen 1993 und Januar 2018 an neun Mädchen vergangen. An drei von ihnen, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, muss er ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 50.000 Euro zahlen und ist ihnen zu Schadenersatz verpflichtet.
Konkret wurde U. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 72 Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 23 Fällen verurteilt. Außerdem legte ihm das Gericht sexuellen Missbrauch einer Jugendlichen in 15 Fällen zur Last. In 8 von ursprünglich 118 angeklagten Fällen wurde er freigesprochen. Die Zeuginnen hätten sich nicht mehr sicher an diese Fälle erinnern können, hieß es. Dem Gericht sind darüber hinaus Sexualstraftaten des Priesters gegen weitere Mädchen bekannt. Ein Teil davon wird wegen Verjährung nicht mehr verfolgt; der Rest ist laut Gericht Gegenstand weiterer Ermittlungen.
Als Zeugen sagten in dem Prozess auch prominente Kirchenvertreter wie der heutige Hamburger Erzbischof und frühere Personalchef des Erzbistums Köln, Stefan Heße, sowie der ehemalige oberste Kölner Kirchenrichter, Günter Assenmacher, aus. Beide hatten in den Jahren 2010 und 2011 mit U. zu tun, als eine erste Anzeige wegen Missbrauchs gegen den Geistlichen vorlag. Das Erzbistum Köln hatte den Priester zunächst beurlaubt. Nachdem die Anzeige jedoch zurückgezogen worden war, durfte er wieder als Krankenhauspfarrer arbeiten.
2018 rollte die mittlerweile gegründete Interventionsstelle der Erzdiözese den Fall erneut auf. Seit 2019 ist U. die Ausübung der priesterlichen Dienste untersagt. Weil seine unmittelbaren Vorgesetzten in den Gemeinden nichts von seiner Vorgeschichte wussten, hatte U. bis kurz vor diesem Verbot in seiner Funktion als Seelsorger Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Das Erzbistum begrüßte das Urteil. Die Ergebnisse des Prozesses seien an den Vatikan gesandt worden, wo nun ein kirchenrechtliches Verfahren gegen U. zum Abschluss gebracht werden solle. Ihm droht die Enthebung aus dem Priesterstand.