Marx: Wahre Kirche erkennt man nicht an schöner Liturgie

Die Kirche muss sich nach den Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx stets den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen stellen.
Moosburg – Die Kirche muss sich nach den Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx stets den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen stellen. "Wahre Kirche kann man nicht erkennen an schöner Liturgie, sondern daran, Zeichen des Reiches Gottes zu sein", sagte Marx laut seiner Pressestelle am Samstag im oberbayerischen Moosburg. Er äußerte sich demnach bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken, des obersten Laiengremiums seiner Erzdiözese München und Freising. Die Situation in der Welt "im Kleinen und im Großen muss der Ausgangspunkt sein", so der Erzbischof.

Reinhard Kardinal Marx (Foto: Wolfgang Roucka/Erzbischöfliches Ordinariat München [CC BY-SA 3.0/Wikimedia])

Die Kirche muss sich nach den Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx stets den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen stellen. „Wahre Kirche kann man nicht erkennen an schöner Liturgie, sondern daran, Zeichen des Reiches Gottes zu sein“, sagte Marx laut seiner Pressestelle am Samstag im oberbayerischen Moosburg. Er äußerte sich demnach bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken, des obersten Laiengremiums seiner Erzdiözese München und Freising. Die Situation in der Welt „im Kleinen und im Großen muss der Ausgangspunkt sein“, so der Erzbischof.Als Beispiel nannte Marx den Krieg in der Ukraine. „In dieser Situation wird noch sichtbarer, wofür wir als Kirche da sind, in einer Welt, die Zusammenhalt, Frieden, Hoffnung braucht. Die Kirche ist nicht für sich selbst da. Wenn sie die Aufmerksamkeit für das verliert, was in der Welt geschieht, ist sie sinnlos geworden.“ Daher müsse die Kirche offen für Reformen sein. „Hörbar bleiben geht nur mit einer erneuerten Kirche.“ Mit Blick auf den Krieg würdigte Marx die Solidarität in der Gesellschaft. Er sehe, dass die Hilfsbereitschaft „geradezu explodiert“. Auch daran werde deutlich, „was es bedeutet, Zeichen des Reiches Gottes zu sein“.

Der Kardinal führte aus: „In allem geht es um Einstellungs- und Haltungsveränderungen gegenüber den Menschen.“ Das gelte auch gegenüber Betroffenen sexuellen Missbrauchs. „Nicht nur der Bischof ist aufgefordert, sich von den Betroffenen in Frage stellen zu lassen, sondern auch die anderen, die Priester, die Verantwortlichen, die Gremien. Dem müssen wir uns stellen und sehen, was das bedeutet.“

Ferner würdigte Marx die aktuelle Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland, den Synodalen Weg. Dieser sei „Teil des gesamten Aufarbeitungsprozesses“ und mache es möglich, „einen Aufbruch zu wagen in eine Veränderung der Haltung von Kirche“. In der Erzdiözese solle bald eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die sich mit den bereits beschlossenen Texten des Synodalen Weges und ihrer Umsetzung vor Ort befassen solle, etwa mit einem Beschluss für mehr Gewaltenteilung in der Kirche. „Der Synodale Weg hat jetzt schon Entscheidungen gefällt, die umgesetzt werden können.“

Marx: Kirche muss Hoffnungsort sein – keine Burg zur Abwehr

In den aktuellen „Zeiten großer Herausforderungen“ braucht es nach Ansicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx die „Kirche als einen Ort der Hoffnung“. Ein solcher Ort sei gegenwärtig „nötiger denn je“, sagte Marx laut seiner Pressestelle am Sonntag im Münchner Liebfrauendom. Dieser Ort werde von der Kirche geschaffen in „der Gemeinschaft und der Erfahrung, dass das, was uns verheißen ist, nicht irgendwie eine Illusion bleibt, sondern konkretes Projekt ist, das Projekt des Mannes aus Nazareth“, so der Erzbischof von München und Freising.

Die christliche Hoffnung bestehe darin, dass „das Reich Gottes jetzt anbricht und nicht erst im Himmel beginnt“, führte Marx aus. Gleichwohl herrsche eine gewisse Spannung: „Es ist noch nicht vollendet, es ist da und noch nicht. Es ist aber keine Illusion, es ist keine Träumerei, es ist keine Vertröstung, sondern hat einen Anhaltspunkt in der Wirklichkeit. Wir erfahren es im Zeichen, in der Feier, im Gebet, ja, im Fortschritt von Freiheit und Gerechtigkeit.“

Das zentrale Bild für eine Kirche, die das Reich Gottes verkündet, bezeugt und verwirklicht, ist laut Marx das Bild „des pilgernden Volkes, das unterwegs ist“. Es handle sich dabei um eine Kirche, die „vieles hinter sich lässt, Wagnis ist“. Es handle sich nicht um eine Kirche, in der die Überzeugung herrsche: „Wir haben schon alles und bauen eine Burg auf, und die Stürme der Zeit werden abgewehrt.“

Der Kardinal erklärte, es brauche eine Kirche, „die neugierig ist für die Möglichkeiten Gottes, die aufmerksam schaut, was der Geist Gottes nicht nur bei uns, in unseren Herzen, in der Kirche, sondern in der Welt in Bewegung bringt, eine Kirche, die lernt, wo viele mitgehen, miteinander beraten, aufeinander hören, auch auf die, die außerhalb der Kirche sind“.

Eine solche Kirche sei die synodale Kirche, wie sie der Papst fordere. Marx rief die Gläubigen am neunten Jahrestag der Wahl von Franziskus dazu auf, für den Heiligen Vater und seinen Dienst zu beten. Zudem appellierte er mit Blick auf den Krieg in der Ukraine zum Gebet um Frieden. „Das ist das, was uns in diesen Tagen existenziell umtreibt, was uns wirklich bewegt. Und so wollen wir uns in das Netzwerk der vielen Menschen aller Religionen, aller Weltanschauungen miteinfügen, die um den Frieden beten und für den Frieden kämpfen.“

rwm/kna