Beim „Aschermittwoch der Künstlerinnen und Künstler“ hat der Münchner Kardinal Reinhard Marx die Verletzlichkeit der Menschen angesprochen.
München – Beim „Aschermittwoch der Künstlerinnen und Künstler“ hat der Münchner Kardinal Reinhard Marx die Verletzlichkeit der Menschen angesprochen. Im Münchner Liebfrauendom sagte er in seiner Predigt: „Wie klein sind wir und zerbrechlich – das gilt unser ganzes Leben.“ Dabei erinnerte er an den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine oder das verheerende Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Die Nachrichten-Bilder aus diesen Regionen hätten ihn „unglaublich erschüttert“. Dabei gab er zu: „Manchmal muss ich wegsehen, wenn tote Kinder unter den Trümmern geborgen werden.“
Angesichts all dieses Leids könne er verstehen, „wenn Leute fragen: Wo ist denn euer Gott? Wie ist Gott gegenwärtig?“ Doch dieser habe sich auf die Seite der Sünder gestellt und sei selbst zur Sünde geworden. „Das ist der eine Ort, wo Gott sich finden lässt: unter den Verschütteten, unter den Opfern von Krieg und Gewalt.“ Der andere sei „das Verborgene“, in dem Gott „das absolute Geheimnis“ bleibe: „Wir können Gott in unserem eigenen Herz und unserer eigenen Sehnsucht suchen.“
Die österliche Bußzeit mahne, dass Leben und Sterben zusammengehörten, sagte Marx. Zu den Gottesdiensten am Aschermittwoch gehört auch das Ritual der Aschenauflegung. Die Künstlerin Ilaria Igliani, deren Arbeit „Sdraiati“ („Die Liegenden“) einen besonderen Akzent im Gottesdienst setzte, zeichnete denn auch dem Erzbischof ein Kreuz aus Asche auf die Stirn und sprach dazu einen Vers aus dem Buch Genesis: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.“
Im Mittelpunkt von Iglianis Arbeit steht die Zerbrechlichkeit des Menschen. Während der Corona-Pandemie hatte sie ein Ritual entwickelt: Jeden Tag formte sie aus einem Klumpen Keramikmasse eine kleine, wenige Zentimeter große, menschliche Figur. Die „Sdraiati“ sollen den Gemütszustand der Generation der Kulturschaffenden repräsentieren, der während der Einschränkungen durch die Pandemie zu spüren war: Die Keramikkörper versinnbildlichten das Gefühl, isoliert und in der Zeit eingefroren zu sein.
Die „Sdraiati“ bringen laut Mitteilung die grundsätzliche Erfahrung des Menschen zum Ausdruck, dass das Leben fragil ist. „Das verwendete Material und die Größe der Figuren betonen die Zerbrechlichkeit. Eine Metapher für das menschliche Wesen, klein und verletzlich“, so die Künstlerin. Die Tonfiguren-Installation ist bis 26. März in der Bartholomäuskapelle des Liebfrauendoms zu sehen.
Der „Aschermittwoch der Künstler“ wurde von dem katholischen Schriftsteller und Diplomaten Paul Claudel nach dem Zweiten Weltkrieg in Paris begründet. Er wird mittlerweile in mehr als 100 Städten weltweit gefeiert. Mit dem Aschermittwoch beginnt die 40-tägige Fastzeit.