Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Barmherzigkeit hat der Chef des katholischen Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, am Freitagabend im Essener Dom über die Würde des Menschen gesprochen.
Essen – Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Barmherzigkeit hat der Chef des katholischen Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, am Freitagabend im Essener Dom über die Würde des Menschen gesprochen. Barmherzigkeit sei „notwendig, um menschlich zu sein“, betonte Spiegel bei der zweiten Essener Fastenpredigt in diesem Jahr. Unter der Überschrift „königlich, menschlich, göttlich“ stellt die Reihe in diesem Jahr die Menschenwürde in den Mittelpunkt.
Der christliche Glaube bedeute, klar Partei zu ergreifen für die Seite der Armen
In der Ukraine werde „die Würde der Menschen mit Füßen getreten“, erklärte Spiegel angesichts der russischen Invasion, „die eklatant gegen die Charta der Vereinten Nationen verstößt“. Tausende hätten bereits ihr Leben verloren, „unnötig, schmerzhaft“. So würdelos dieser Krieg sei – „der Mensch kann seine Würde nicht verlieren“, so Spiegel. „Sie ist von Gott in jeden Menschen eingeschrieben.“
Jesus fordere die Menschen auf, „wie der gute Samariter zu handeln“, sagte Spiegel mit Blick auf das biblische Gleichnis, in dem Jesus von einem von Räubern Überfallenen erzählt, dem erst der Samariter hilft, nachdem zuvor zwei Menschen vorbei gegangen sind. Barmherzigkeit bedeute „Anteil nehmen und sich aufwühlen lassen vom Unrecht“ – doch das reiche nicht aus: „Dann gilt es, eine Entscheidung zu treffen und zu handeln“, betonte der Priester, der seit fast zehn Jahren das große deutsche Hilfswerk zur weltweiten Armutsbekämpfung leitet. Jeder habe es mit seiner Entscheidung in der Hand: „Wir können zum Nächsten werden, und wir können zum Räuber werden.“ Nähe sei keine Frage „von physischer oder kultureller Nachbarschaft, sondern das Ergebnis einer Entscheidung“, bekräftigte Spiegel.
Der christliche Glaube bedeute dabei, klar Partei zu ergreifen für die Seite der Armen. „Das Prinzip Barmherzigkeit ist die grundlegende Haltung Gottes“, so Spiegel. Dabei gehe es „nicht um mich, um meine Hilfe“, betonte der Misereor-Vorstandsvorsitzende, „sondern immer um das Leben, um die Würde des anderen.“
Zur Person: Pirmin Spiegel
Pirmin Spiegel trat am 1. April 2012 sein Amt als Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor an. Zuvor war der 1957 im rheinland-pfälzischen Großfischlingen geborene Priester von 1990 bis 2003 und wieder seit August 2010 als Missionar in Brasilien tätig, bis er knapp zwei Jahre später die Leitung des in Aachen ansässigen Hilfswerks übernahm.