Am Freitag haben sich Gerichte in Bremen und Köln mit Vorwürfen der Volksverhetzung gegen Seelsorger beschäftigt.
Bremen/Köln – Am Freitag haben sich Gerichte in Bremen und Köln mit Vorwürfen der Volksverhetzung gegen Seelsorger beschäftigt. Das Landgericht Bremen sprach den evangelischen Pastor Olaf Latzel (54) in zweiter Instanz frei. Damit hob es ein Urteil des Amtsgerichts Bremen auf. Keinen Freispruch jedoch eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage gab es vor dem Amtsgericht Köln. Hier mussten sich der polnische Priester Dariusz Oko (61) und der frühere Bamberger Theologieprofessor Johannes Stöhr (91) erklären.
Latzel habe mit seinen Aussagen zu Homosexualität und Gender-Theorien nicht zwangsläufig zum Hass gegen abgrenzbare Personengruppen angestachelt, begründete Richter Hendrik Göhner in Bremen. Zwar könne man die Aussagen in diese Richtung verstehen. Aber es gebe zumindest eine Deutungsmöglichkeit, die zur Straflosigkeit führe. Offen ist, wie die Bremische Evangelische Kirche weiter mit dem Geistlichen umgeht.
Der konservative Pastor der Bremer Sankt-Martini-Gemeinde hatte sich in einem auch auf Youtube veröffentlichten Seminar für die Ehe zwischen Mann und Frau ausgesprochen, Homosexualität als „Degenerationsformen von Gesellschaft“ bezeichnet und gesagt: „Überall laufen diese Verbrecher rum, von diesem Christopher-Street-Day.“ Das Amtsgericht verurteilte ihn deshalb im November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 8.100 Euro. Dagegen war Latzel in Berufung gegangen.
Die Bremische Evangelische Kirche leitete 2020 ein Disziplinarverfahren gegen Latzel ein, das bis zum Ende des Strafverfahrens ruht. Sie teilte nun mit, die Auswirkungen des Urteils auf das Verfahren zu prüfen, wenn es rechtskräftig sei. Die Staatsanwaltschaft prüft laut einer Sprecherin, ob sie Revision gegen das Urteil einlegt. Dann müsste es das Oberlandesgericht auf Rechtsfehler prüfen.
In Köln verhängte Richterin Sophie Schwartz eine Geldauflage von 3.150 Euro gegen Oko sowie 4.000 Euro gegen Stöhr. In der Verhandlung ging es um die publizistischen Tätigkeiten der Priester für die Zeitschrift „Theologisches“. Oko hatte in einem Beitrag homosexuelle Priester in der katholischen Kirche unter anderem als „Parasiten“, „Plage“ und „Krebsgeschwür“ bezeichnet. Stöhr ist Chefredakteur der Zeitschrift.
Er habe nicht über homosexuelle Priester allgemein geschrieben, sondern über solche, „die Straftaten begehen und die Kirche zerstören“, argumentierte Oko. Es sei nicht seine Absicht gewesen, jemanden zu verletzen. Auch Stöhr drückte Bedauern aus. In der Sache waren zuvor Strafbefehle ergangen, gegen die die Priester Einspruch eingelegt hatten.
Richterin Schwartz erklärte, ihrem Eindruck nach zeigten Oko und Stöhr „eine gewisse Einsicht“. Zudem seien sie nicht vorbestraft. Obwohl Stöhr den Artikel nur verbreitet und nicht verfasst hat, überschreitet seine Geldauflage die von Oko. Denn das Gericht orientiert sich an den Nettogehältern. Das Verfahren gegen den Polen Oko hat in seinem Heimatland Kritik am deutschen Gericht hervorgerufen.