Mehrere katholische Bischöfe haben Forderungen nach einer Neuausrichtung der christlichen Friedensethik bekräftigt.
Stuttgart – Mehrere katholische Bischöfe haben Forderungen nach einer Neuausrichtung der christlichen Friedensethik bekräftigt. Der Satz „Frieden schaffen ohne Waffen“ habe in gewisser Weise abgedankt, sagte der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) und katholisch.de beim Katholikentag in Stuttgart. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeige, dass alle vorigen Verhandlungen „ein Lügenwerk“ gewesen seien.
Nun stehe man in einer „neuen „Welt“, erklärte der Ruhrbischof. Man müsse bereit sein, „einem Aggressionskrieg mit der Androhung von Gewalt gegenüberzutreten, dabei aber eben ein Ziel zu haben: dass es Frieden geben muss“. Zwar stelle sich die Frage, wie es möglich sei, weiterhin die Überzeugung zu bewahren, „dass der Friede mit gewaltfreien Mitteln verteidigt oder auch immer wieder errungen werden muss“. Zugleich sei diese Haltung zu ersetzen, wenn sie nichts mehr bewirke oder so naiv daherkomme, „dass es gefährlich wird“, so Overbeck.
Ähnlich äußerte sich der Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf. Ein neues Nachdenken angesichts der aktuellen Entwicklungen sei nicht nur in Kirche und Theologie gefordert, sondern „auch bei Pax Christi“. In den „zum Teil sehr überhitzten Debatten“ in der Politik wünsche er sich ebenfalls eine neue Nachdenklichkeit und keine übereilten Schlüsse: „Es kann nicht angehen, dass plötzlich Menschen, die für eine pazifistische Linie stehen, als fünfte Kolonne Moskaus dastehen. Eine solche Wortwahl ist verheerend.“
Die 100 Milliarden Euro zusätzlich für Rüstung seien zum Beispiel ohne vorherige Debatten auf den Tisch gekommen, kritisierte Kohlgraf. Hier müssten kritische Stimmen mehr Gehör finden. „Natürlich hat die Ukraine nicht ewig Zeit, dass wir hier lange Debatten führen.“ Auf lange Sicht aber brauche es einen möglichst großen gesellschaftlichen Konsens über Fragen von Krieg und Frieden. Auf die deutsche Gesellschaft bezogen sagte Overbeck, er verstehe den Wunsch nach Normalität. Die derzeitigen Anstrengungen seien jedoch weiter fortzusetzen: „Das wird uns auch im Alltag noch viel kosten“, worauf die steigenden Preise für Nahrung und Rohstoffe hindeuteten.
Beim Einsatz bewaffneter Drohnen brauche es „ein hohes Ethos“, fügte Overbeck hinzu. So habe der Bergkarabach-Konflikt gezeigt, dass diese Waffensysteme einen Konflikt verkürzen könnten. Auf Dauer eingesetzt, könnten sie jedoch zugleich „Unmenschlichkeit befördern“, mahnte der Bischof. In jedem Fall müsse letztlich ein Mensch die Verantwortung für diese digitalen Mittel übernehmen. Algorithmen könne man das nicht übertragen.