Missbrauchsbetroffener sieht Rücktrittsforderungen skeptisch

Nach der Vorstellung einer Missbrauchsstudie im Bistum Münster blickt ein Betroffenenvertreter skeptisch auf an Bischöfe gerichtete Rücktrittsforderungen.
Köln – Nach der Vorstellung einer Missbrauchsstudie im Bistum Münster blickt ein Betroffenenvertreter skeptisch auf an Bischöfe gerichtete Rücktrittsforderungen. Betroffene hätten "sehr, sehr schmerzhaft" feststellen müssen, dass der Vatikan deutsche Bischöfe wegen Vergehen im Umgang mit Missbrauch nicht entlasse und Rücktrittsgesuche nicht annehme, sagte der Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, am Dienstag dem Kölner Online-Portal domradio.de. "Da stumpft man schon auch als Betroffener ab, weil man einfach sagt, ja Gott, was sollen sie denn noch anstellen, bevor Rom reagiert?"

Der Sprecher des Betroffenenbeirates bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, kommentiert den Bericht von Bischof Dr. Stephan Ackermann über die Aufarbeitung und Aufklärung des sexuellen Missbrauchs –Foto: Synodaler Weg/Maximilan von Lachner

Nach der Vorstellung einer Missbrauchsstudie im Bistum Münster blickt ein Betroffenenvertreter skeptisch auf an Bischöfe gerichtete Rücktrittsforderungen. Betroffene hätten „sehr, sehr schmerzhaft“ feststellen müssen, dass der Vatikan deutsche Bischöfe wegen Vergehen im Umgang mit Missbrauch nicht entlasse und Rücktrittsgesuche nicht annehme, sagte der Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, am Dienstag dem Kölner Online-Portal domradio.de. „Da stumpft man schon auch als Betroffener ab, weil man einfach sagt, ja Gott, was sollen sie denn noch anstellen, bevor Rom reagiert?“

Missbrauchsbetroffener: Mit Rücktritt allein sei Betroffenen nicht geholfen

Zwar wäre es ein deutliches Signal, wenn die deutschen Bischöfe wie ihre Amtsbrüder in Chile geschlossen ihren Rücktritt anbieten würden, sagte Norpoth. Andererseits sei mit diesem Schritt allein den Betroffenen nicht geholfen. „Mir sind Menschen lieber, die mit Reue und mit Tatkraft drangehen, um die Ursachen abzuschaffen, aber auch das Leid zu lindern“, erklärte der Betroffenensprecher.

Forschende der Universität Münster hatten am Montag eine Aufarbeitungsstudie für die dortige Diözese vorgelegt. Die Untersuchung weist allen Münsteraner Bischöfen seit 1945 Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen nach. Beschuldigte und teils verurteilte Geistliche seien immer wieder versetzt und damit weitere Taten ermöglicht worden. Dem aktuellen Bischof Felix Genn bescheinigen die Autoren, in seinen ersten Jahren in Münster reuigen Tätern kirchenrechtlich nicht immer mit der gebotenen Strenge begegnet zu sein und erst später den Umgang mit Missbrauchsfällen verändert zu haben. Genn will am Freitag erklären, welche Konsequenzen er und das Bistum aus der Studie ziehen.

Studie zeigt Fehler auf

Auch andere Untersuchungen zeigen, dass deutsche Bischöfe Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen gemacht haben. Einige Amtsträger – wie etwa der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und der Münchner Kardinal Reinhard Marx – boten dem Papst ihren Rücktritt an. Diese Gesuche lehnte das Kirchenoberhaupt allerdings ab. Im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung und Vertrauenskrise im Erzbistum Köln stellte auch der dortige Kardinal Rainer Maria Woelki sein Amt zur Verfügung. Über dieses Rücktrittsangebot muss Franziskus noch entscheiden.

kna