Genn: Habe Fehler gemacht, Missbrauch aber nicht vertuscht

Münsters katholischer Bischof Felix Genn hat persönliche Fehler im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt eingeräumt.
Münster katholischer Bischof Felix Genn hat persönliche Fehler im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt eingeräumt.

Bischof Felix Genn –Foto: pbm

Münsters katholischer Bischof Felix Genn hat persönliche Fehler im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt eingeräumt. Vier Tage nach Vorstellung einer unabhängigen Missbrauchsstudie für seine Diözese sagte Genn am Freitag vor Journalisten in Münster: „Ich selbst hätte in einigen Situationen anders handeln müssen.“

Genn: Interessen der Institution nicht über Sorge um Betroffene gestellt

Zugleich wies er darauf hin, dass er sexuellen Missbrauch nicht vertuscht und die Interessen der Institution nicht über die Sorge um die Betroffenen gestellt habe. Daher wolle er nicht zurücktreten und seine verbleibende Amtszeit dazu nutzen, Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch zu ergreifen.

Nach den Worten von Genn haben aber seine verstorbenen Amtsvorgänger Reinhard Lettmann, Heinrich Tenhumberg und Michael Keller im Umgang mit sexuellem Missbrauch „schwere Fehler“ gemacht. „Sie ließen sich von einer Haltung leiten, die den Schutz der Institution im Blick hatte, nicht aber die Betroffenen.“

Mit den Betroffenen sexuellen Missbrauchs solle abgesprochen werden, wie dieser Bischöfe und anderer verstorbener Amtsträger gedacht werden solle. Die Bischofsgruft im Dom zu Münster ist sei Montag geschlossen.

Zu milde gehandelt

Genn erwähnte auch den Fall des Priesters H., mit dem er in seiner Zeit als Bischof zu tun hatte, der im Gutachten der Erzdiözese München und Freising ausführlich dargestellt wird. „In diesem Fall habe ich mich auf das verlassen, was die Verantwortlichen in München mir zugesagt haben. Das war rückblickend ein Fehler“, sagte Genn. Auch als Bischof von Münster habe er im Umgang mit sexuellem Missbrauch Fehler gemacht. „Die Studie zeigt das beispielhaft; ich selbst habe es schon mehrfach öffentlich eingeräumt. Insbesondere war ich in den Anfangsjahren als Bischof von Münster bei manchen Auflagen, die ich Beschuldigten gemacht habe, zu milde und habe nicht hart genug durchgegriffen.“

In einzelnen Fällen seien laut Genn die Auflagen nicht genau genug formuliert oder nicht hinreichend kontrolliert worden. „Auch habe ich Pfarreien nicht rechtzeitig oder hinreichend über Missbrauchstäter, die bei ihnen im Einsatz waren, informiert“, erklärte Genn. Aus diesen Fehlern habe er gelernt. So habe er bereits Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass sich diese Fehler nicht wiederholen. 

Bischof kündigt Konsequenzen an

Genn hat nach eigenen Worten den emeritierten Münsteraner Kirchenrechtler Prof. Klaus Lüdicke gebeten, die Umstände einer vorübergehenden diözesan kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bistum Münster zu prüfen. Hierfür gibt derzeit noch keine Festlegungen hierzu aus Rom und auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenzt. „Vorübergehend“ auch deshalb, so Genn, weil ein Vorschlag der Deutschen Bischofskonferenz zur Einführung einer bundesweiten kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits zur Prüfung in Rom liege.

„Wenn diesem Votum der Deutschen Bischofskonferenz entsprochen wird, würde sich das Bistum Münster selbstverständlich an einer bundesweiten Regelung beteiligen“, sagte Genn. Darüber hinaus möchte der Bischof Macht abgeben, „indem ich die Gremienstruktur in unserem Bistum neu ordnen werde“. Die Planungen hierzu hätten mit dem sogenannten Prozess zur Entwicklung pastoraler Strukturen bereits begonnen. „Hierbei möchte ich berücksichtigen, welche Überlegungen im Rahmen des Synodalen Wegs für die Bistümer angestellt werden“, so Genn. Obwohl kirchenrechtlich die Letztverantwortung in vielen Fragen beim Bischof bleiben werde, sei er bereit, „mich im Rahmen einer Selbstverpflichtung an die Entscheidungen diözesaner Gremien zu binden und das auch verbindlich festzuschreiben“.

Mehr Transparenz bei Personalentscheidungen

Personalentscheidungen im Bistum Münster sollen den Angaben zufiolge in Zukunft transparenter, nachvollziehbarer und partizipativer getroffen werden. Die Wissenschaftler der WWU sprechen von „männerbündischen Strukturen“, die mit dazu geführt haben, dass Missbrauchstäter von den früheren Personalverantwortlichen des Bistums Münster immer weiter eingesetzt wurden. „Wir müssen diese Strukturen aufbrechen“, sagte Genn dazu. „Wichtig scheint mir dabei die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Personalkonferenz zu sein.

In dieser sitzen bis heute im Bistum Münster nur Männer und überwiegend Priester.“ Laut Genn liegen bereits Vorschläge vor, wie das im Sinne von mehr Transparenz, mehr Beteiligung und auch mehr Geschlechtergerechtigkeit geändert werden könne. „Diese Vorschläge werde ich noch mit den Räten der pastoralen Berufsgruppen sowie mit den beteiligten Mitarbeitervertretungen besprechen“, sagte Genn.

Aufarbeitungskommission vereinbart

Weiter kündigte Genn eine schärfere Kontrolle von Tätern und Beschuldigten an, denen künftig ein „Fall-Manager“ zur Seite gestellt werde. Ab kommenden Jahr werde eigens ein Mitarbeiter überprüfen, dass Auflagen gegen einschlägige Kleriker eingehalten werden.

Der Bischof gab auch die Namen der Mitglieder einer künftigen Aufarbeitungskommission bekannt, die „in Unabhängigkeit vom Bistum“ tätig sein soll. Derartige Kommissionen hatte der frühere Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, mit den deutschen Bischöfen vereinbart.

kna