Auch im Bistum Passau sollen mittels einer Studie die dort sich über Jahre zugetragenen Missbrauchsfälle erforscht werden.
Passau – Auch im Bistum Passau sollen mittels einer Studie die dort sich über Jahre zugetragenen Missbrauchsfälle erforscht werden. Das gab die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen am Freitag in Passau bekannt. Die wissenschaftliche Untersuchung trage den Titel „Sexueller Missbrauch von minderjährigen Schutzbefohlenen durch katholische Kleriker im Bistum Passau 1945-2020. Ausmaß und Umstände – Reaktionen und Handhabung seitens Kirche, Öffentlichkeit und sozialem Umfeld der Betroffenen“.
Laut Mitteilung wird damit der Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Passau unter der hauptverantwortlichen Leitung von Professor Hans-Christof Kraus beauftragt. Die Kosten für das auf maximal drei Jahre angelegte Vorhaben seien mit 610.000 Euro veranschlagt. Als wissenschaftlicher Leiter werde Marc von Knorring eingesetzt. Ihm stünden zwei weitere Vollzeitstellen zur Verfügung. Der Vertrag zwischen Bistum, Universität und Aufarbeitungskommission stehe kurz vor der Unterzeichnung, teilte die Kommission mit. Start des Forschungsvorhabens solle am 1. Juli 2022 sein.
Oster: „Stehen einhellig hinter dem Projekt“
Bischof Stefan Oster betonte, das Domkapitel, der Ordinariatsrat, der Diözesanvermögensverwaltungsrat und er selbst stünden einhellig hinter dem Projekt. „Wir wollen und brauchen ein möglichst genaues Bild des Geschehens in der beschriebenen Zeit – um der Betroffenen willen, um der Gläubigen willen und um zu lernen, wie wir als Kirche insgesamt Missbrauch möglichst vermeiden können.“ Die Erkenntnisse würden sicher schmerzhaft sein. Dennoch hoffe er, dass dies für die ganze Kirche von Passau am Ende reinigend sein werde.
Grundlage des Beschlusses für die Studie sind laut Kommission „intensive Diskussionen von Erkenntnissen“ von bereits vorliegenden Studien zu diesem Thema. Darüber hinaus stehe das Gremium im Dialog mit Bischof Oster, von dem es die aus ihrer Sicht notwendigen Reformen an Haupt und Gliedern einfordere. Mit der Studie wolle man dem Auftrag der „quantitativen und qualitativen Aufarbeitung“ gerecht werden. Angestrebt werde eine vollständige Erschließung der rund 3.500 Personalakten und anderer Bestände des Bistums.
Täter, Taten und betroffene Opfern ermitteln
Das Augenmerk liege darauf, Täter, Taten und betroffene Opfern zu ermitteln, hieß es. Genauso wichtig sei aber auch zu erforschen, wie der administrative Umgang verantwortlicher Personen erfolgt sei. Ziel sei es, durch die Studie Anstöße für die Priesterausbildung, aber auch für die pastorale Gemeinde- und Jugendarbeit sowie für die Fort- und Weiterbildung haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Kirche zu erhalten, so die Kommission. Bei allen Aspekten seien aber die Interessen der Betroffenen Ausgangspunkt und Zielperspektive der Untersuchung.
Parallel zur Studie würden Aufarbeitungskommission und Betroffenenbeirat über alle Aspekte von zurückliegenden aber eventuell auch fortbestehenden Ursachen mit dem Bischof, der Leitung und den Mitarbeitern den Dialog suchen, hieß es in der Mitteilung. Allseits erklärtes Ziel sei es, dem Missbrauch in der Kirche den Garaus zu machen: „Und wenn kirchliche Strukturen ihn begünstigen, könne sie schwerlich gottgegeben sein und bedürfen der Reform.“